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Verdacht: Monopolmißbrauch

■ Das Bundeskartellamt nimmt die Preispolitik der Bremer Stadtwerke unter die Lupe / Der Grund: Im Umland kostet Stadtwerke-Ruhrgas weniger als in Bremen / Die Stadtwerke prüfen jetzt selbst die Preise

Die Bremer Stadtwerke AG will ihre Gaspreise „überprüfen“. Mit dieser Ankündigung reagierte das Unternehmen gestern auf Radio-Bremen-Berichte, nach denen das Kartellamt die Preisgestaltung des Bremer Energieversorgers jetzt unter die Lupe nimmt. Während das Bundeskartellamt die Prüfung als „Routine“bewertet, begrüßte der Bremer FDP-Landesvorsitzende Peter Braun jedoch das Eingreifen der Kontrollbehörde. Er hegt schon länger den Verdacht, daß die Bremer Stadtwerke ihre Monopolstellung möglicherweise ausnutzen.

Tatsächlich sind überall im Umland die Gaspreise günstiger als in Bremen. Zwar betonen die Stadtwerke, der Bremer Gaspreis läge unter dem bundesweiten Schnitt. Trotzdem überweist die Bremer Durchschnittsfamilie 50,1 Pfennig pro Kubikmeter Gas an die Stadtwerke – bei einem Jahresverbrauch von rund 3.000 Kubikmetern. Der Oldenburger Energieversorger Weser-Ems (EWE) kassiert für den Kubikmeter nur 43,7 Pfennig.

Dieses Gefälle erklären Experten damit, daß die EWE gemeinsam mit einem niederländischen Unternehmen selbst Gas fördert; als quasi „Shell im Weser-Ems-Raum“hat der Energieerzeuger dadurch großen Einfluß auf den Preis. Die Bremer Stadtwerke dagegen haben sich auf Jahre vertraglich an die Ruhrgas AG gebunden. Kurios dennoch: Die Bremer liefern Erdgas an die Delmenhorster Stadtwerke – und die machen ihren KundInnen einen Preis, der unter dem Bremer Gaspreis liegt.

Nur 44,9 Pfennig pro Kubikmeter zahlen die Delmenhorster an ihren Energielieferanten; das sind fünf Pfennig pro Kubikmeter weniger als BremerInnen. Im Jahr macht der Unterschied über hundert Mark aus. Außerdem sind die Delmenhorster Gaspreise dabei auch noch stabiler. Während die Bremer Stadtwerke ihren KundInnen den Kubikmeterpreis fürs Gas erst im letzten April um 3 Pfennig erhöht haben, betont der Delmenhorster Stadtwerke-Leiter, Waldemar Opalla: „Wir haben unseren Preis seit Januar 1997 unverändert gehalten.“Verkehrte Welt? Monopolmißbrauch?

„Ich kann noch keinen Machtmißbrauch erkennen“, sagt der Sprecher des Bundeskartellamts dazu. Vorerst habe man lediglich Informationen aus Bremen und dem Umland angefordert. „Wir werden die Umstände prüfen, die die Preisgestaltung möglicherweise rechtfertigen könnten.“So sei es auch bei einer flächendeckenden Überprüfungsaktion in den neuen Bundesländern geschehen, die kürzlich abgeschlossen wurde. In einem halben Dutzend Fälle, in denen ostdeutsche Unternehmen in den Verdacht geraten waren, überhöhte Preise in ihren gesetzlich zulässigen Claims zu verlangen, habe man eine „Verhandlungslösung“mit den betroffenen Firmen erreicht. „Von einem langen Instanzenweg haben die Verbraucher nichts.“Bis die Gebühren gesenkt wären, würde es ewig dauern. Umgekehrt glauben Beobachter jetzt, daß die Ankündigung der Stadtwerke, die eigenen Gaspreise zu prüfen und möglicherweise an den gesunkenen Ölpreis anzupassen, einer Intervention des Kartellamts den Wind aus den Segeln nimmt.

Was die unterschiedlichen Gaspreise insbesondere zwischen Delmenhorst und Bremen rechtfertigt, darüber blieben die Unternehmenssprecher gestern zugeknöpft. In der Preisgestaltung seien die Delmenhorster Stadtwerke autonom, sagte der Bremer Stadtwerkesprecher Andreas Brunner. In Delmenhorst hieß es: „Wir kalkulieren gut.“ ede

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