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Karlsruhe gegen Bundespolizei

■ Kompetenzen des BGS bleiben beschränkt, urteilen Verfassungsrichter. Kanthers „Sicherheitsnetz“ gefährdet

Freiburg (taz) – Die Übernahme der Bahnpolizei durch den Bundesgrenzschutz (BGS) war verfassungsgemäß. Dies entschied jetzt der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts. Gleichzeitig wurden in dem gestern bekanntgemachten Beschluß aber auch die Grenzen der BGS- Expansion klar festgelegt. „Der Bundesgrenzschutz darf nicht zu einer allgemeinen, mit den Landespolizeien konkurrierenden Bundespolizei ausgebaut werden“, heißt es in den Leitsätzen der Entscheidung.

Das Urteil dürfte Probleme für Innenminister Kanthers „Aktion Sicherheitsnetz“ geben. Im Rahmen von „Modellversuchen“, beginnend in Berlin, will Kanther BGS-BeamtInnen nämlich gemeinsam mit LandespolizistInnen auf Streife schicken. Sie sollen dabei vor allem die „öffentliche Ordnung“ verteidigen und gegen „Rücksichtslosigkeiten, Pennertum, aggressives Betteln, Unsauberkeit und Lärm“ vorgehen. Im Innenministerium konnte gab es gestern keine Stellungnahme dazu, ob und, wenn ja, in welcher Form Kanther nach der Karlsruher Entscheidung an seinen Plänen festhält. Die Düsseldorfer Landesregierung, auf deren Klage das Urteil beruhte, sah sich jedenfalls durch das Urteil in ihrer Ablehnung von BGS-Streifen bestätigt.

Das Land Nordrhein-Westfalen hatte nämlich den Begriff „Grenzschutz“ ernst genommen und im Grundgesetz auch keine Kompetenzen gefunden, die dem Bundesgrenzschutz die Übernahme der alten Bahnpolizei erlaubt hätte. Traditionell sei die Polizei in Länderhand und das müsse so bleiben, hieß es in der Klage.

Diese Argumentation hatte allerdings jetzt in Karlsruhe keinen Erfolg. Die Bahnpolizei sei nämlich schon immer eine Bundeseinrichtung gewesen, und auch nach der Bahnprivatisierung habe der Bund die Verwaltungskompetenz für den Zugverkehr behalten, hieß es in dem Beschluß. Ansonsten aber, so stellt das Verfassungsgericht klar, müsse der BGS „sein Gepräge als Polizei mit begrenzten Aufgaben“ behalten. Az.: 2 BvF 3/92 Christian Rath

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