Die erste verfassungskonforme Link-Sammlung

■ Kein Sex, keine PDS: Die Bundesregierung ließ sich ihr neues Online-Magazin für Jugendliche 500.000 Mark kosten. Das „Young:net“ soll die guten Seiten des Internets zeigen

Als „Service für junge Menschen zwischen Bildung und Beruf, Staatsexamen und Anstellung, Schulabschluß und Jobsuche, Relaxen und sozialem Engagement“ bietet das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung seit 12. Februar das Young:net (www .youngnet.de) an. Die Idee für das Internet-Magazin entstand nach Angaben von Wilfried Ströhm, Referatsleiter im Bundespresseamt, auf der im vergangenen Jahr vom Münchener Burda-Konzern veranstalteten Konferenz „Internet und Politik“. Die Burda-Macher erkannten, daß es für die Zielgruppe der Jugendlichen von 16 bis 26 Jahren noch kein entsprechendes Angebot im Internet gab, und boten der Bundesregierung ein Jugendmagazin an. Förderlich für die Realisierung des Projektes, das den Steuerzahler jährlich 500.000 Mark kostet, war sicherlich auch die Bekanntschaft von Burda-Manager Hans-Jürgen Croissant mit dem Pressemann Ströhm. Beide kennen sich noch aus alten CDU- Regierungstagen in Rheinland- Pfalz.

Der Dienst bietet neben einer Link-Sammlung als Serviceleistung einen Freemail-Account für jeden Nutzer – damit lassen sich von jedem Computer der Welt E-Mails empfangen und verschicken. Schon in der ersten Woche nutzten 1.000 Besucher das Angebot und trugen sich ein – auch wenn das Versenden von Attachments (angehängten Dateien) nicht möglich ist und die Mails eine bestimmte Zeichenlänge nicht überschreiten dürfen. In einer Pressemitteilung wirbt die Bundesregierung damit, im Young:net „in jeder Hinsicht die guten Seiten des Internets“ zu präsentieren. Was es mit den „guten Seiten“ des Webs auf sich hat, erschließt sich dem Besucher im Impressum. Entschuldigend heißt es dort: „Es können sich Texte auf den verlinkten Websites befinden, deren Aussagen nicht mit der Meinung der Bundesregierung übereinstimmen.“

Um jeglichen Aussetzer zu vermeiden, wurden die Burda-Macher vertraglich verpflichtet, jede Seite, auf die verlinkt wird, auf ihre Verfassungskonformität zu prüfen. Das verspricht eine Menge Arbeit: Denn bisher ist vom Magazincharakter des Dienstes noch wenig zu sehen, statt eigener Artikel gibt es nur umfangreiche Link-Sammlungen. Damit der User auch ganz genau weiß, wo er landet, gibt's zu jedem Link einen Screenshot des Angebots in Briefmarkengröße und eine ausführliche Beschreibung. Die Sprache ist eine merkwürdige Mischung aus PR-Text und dem Versuch, sich jugendnah zu geben: „Wenn das diplomatische Verhältniss zwischen zwei Staaten mal nicht so gut ist, werden die Botschafter von der Regierung des Gastlandes einbestellt.“

Bei den Verweisen auf Parteien fällt auf, daß nur Parteien mit Fraktionsstatus im Bundestag berücksichtigt werden – ein Link auf die PDS fehlt also. Grundsätzlich, sagt Ströhm, arbeite man nur mit „vernünftigen“ Parteien zusammen und immerhin werde ja zum Beispiel auf die Seite der saarländischen Landesregierung hingewiesen. In Zukunft sollen sich auch Organisationen, Verbände und Firmen – vermutlich auch nur „vernünftige“ – an der inhaltlichen Gestaltung beteiligen. Vor allem der Bereich Beruf und Bildung soll davon profitieren, daß Unternehmen ihre Stellen gleich online ausschreiben.

Andere Themen fehlen dagegen ganz: An Liebe, Sex und Verhütung haben politisch interessierte Jugendliche offenbar kein Interesse – jedenfalls gibt es keine Rubrik dafür. An der Möglichkeit, daß User eigene Foren mit eigenen Themen eröffnen, wird noch gebastelt. Bis dahin wird weiter brav darüber diskutiert, ob im Gästebuch Kohl-Witze stehen dürfen oder nicht. Thomas Mrazek

mrazek@gmx.de