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Ein Ort, ein Mann, sein Thema: Im "Zentrum für Nachwuchsgewinnung Ost" wirbt Rühe für "Erlebte Kameradschaft"

Berlin (taz) – „Das ist mein Ding“, lobt einer von der Luftwaffe seine Arbeit bei der Bundeswehr. Ein anderer von der Marine macht seinen Gefühlen auf noch bewegendere Weise Luft: „Mein Herz hängt an der Seefahrt.“ Und einer vom Heer erinnert sich glücklich an den Einsatz beim Oder-Hochwasser: „Als dann klar war, daß der Deich hält, waren alle Anstregungen vergessen.“ Die Bekenntnisse, unterlegt von hektischen Techno-Rhythmen, sollen vor allem 16- bis 19jährige hören.

Von heute an werden im Umfeld von „Lederstrumpf“, „ein Käfig voller Helden“ oder der „lustigen Welt der Tiere“ 50-Sekunden- Botschaften der Bundeswehr im Fernsehen für diese Zielgruppe gesendet, die damit für eine Laufbahn als Berufs- oder Zeitsoldat interessiert werden soll. Mehr an das „familiäre Umfeld“ des jugendlichen Nachwuchses wenden sich Anzeigen in überregionalen Zeitungen und Zeitschriften. Insgesamt 10,5 Millionen Mark, etwas weniger als 1997, gibt die Bundeswehr für ihre diesjährige „Informationsaktion“ aus. Dabei kommen schon jetzt zwischen fünf und elf Interessenten auf eine freie Stelle bei den Streitkräften. Aber: „Man kann gar nicht genug Bewerber haben“, meint Verteidigungsminister Volker Rühe fröhlich.

Für dessen Pressekonferenz waren Journalisten aus Bonn eigens nach Berlin zum „Zentrum für Nachwuchsgewinnung Ost“ geflogen worden – wenigstens einmal in der Hauptstadt Gastgeber sein, wenn schon das Verteidigungsministerium zum Kummer des Ministers laut Gesetz auch nach dem Regierungsumzug am Rhein bleiben muß. In Berlin geht's eben doch anders zu als in Bonn: Als Rühe den Saal betritt, erheben sich die anwesenden Angehörigen der Dienststelle, Militärs wie Zivilisten, ehrfurchtsvoll von ihren Plätzen. Die Presse bleibt dieses Mal noch sitzen. Vom Podium herunter wußte der Minister dann Ermutigendes zu berichten: „Alle Umfragen zeigen: Die Bundeswehr genießt hohes Ansehen.“

Zentrale Themen der Aktion seien „Erlebte Kameradschaft“ und „Füreinander Einstehen“, heißt es im Pressematerial. Das Ministerium verbindet das mit einem dringenden Appell: „Helfen Sie mit, daß jeder aktive Angehörige der Bundeswehr und Reservist Kenntnis von den zentralen Aussagen unserer Frühjahrsaktion 1998 erhält und diese dadurch im Kameraden- und Freundeskreis, aber auch in der Öffentlichkeit vertreten kann!“ Machen wir. Bettina Gaus

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