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Wehrmachtstradition unkritisch gepflegt

■ Die Wehrbeauftragte stellt heute einen Bericht über Traditionspflege bei der Bundeswehr vor, in dem sie die gebotene Distanz zur Wehrmacht vermißt. Hardthöhe läßt Traditionsräume prüfen

Bonn (AFP/dpa/taz) – Die Traditionspflege in der Bundeswehr hat die Wehrbeauftragte des Bundestags, Claire Marienfeld (CDU), scharf kritisiert. In der Bundeswehr werde „die gebotene Distanz zur deutschen Wehrmacht nicht immer und überall eingehalten“, schreibt die Politikerin Bild zufolge in ihrem Jahresbericht, den sie heute offiziell vorstellen will.

Ein Sprecher der Hardthöhe erklärte dazu, die Traditionspflege der Bundeswehr sei ganz klar im Traditionserlaß geregelt. Ressortchef Volker Rühe (CDU) „und die gesamte militärische Führung“ wiesen alle Verbände und Dienststellen „ständig und nachdrücklich an, verstärkt die eigene Geschichte und die eigene Leistung der Bundeswehr auch in den Kasernen darzustellen und zu pflegen“. Erst am 8. Januar habe das Ministerium Hinweise „zur praktischen Umsetzung der gültigen Traditionsrichtlinien an die Truppe verteilt und eine Überprüfung aller Traditionsräume veranlaßt“. Dies hatte die grüne Bundestagsabgeordnete Angelika Beer gefordert, nachdem sie einen dem Jagdgeschwader 52 gewidmeten Traditionsraum in der Eifel besichtigt hatte. Anfang Dezember hatte die taz mit Berichten darauf aufmerksam gemacht, daß die Präsentation dieses Raumes die im Traditionserlaß gebotene Distanz vermissen läßt.

Auch Marienfeld berichtet, in umfänglichen militärhistorischen Ausstellungen würden Uniformen, Orden und Ausrüstungsgegenstände der Wehrmacht sowie Landkarten mit Truppenbewegungen aus dem Zweiten Weltkrieg in Kasernen präsentiert, „ohne daß sie ihre Einordnung in den geschichtlichen Zusammenhang erkennen lassen“. Die Wehrbeauftragte beanstandet unter anderem, daß sich in einer solchen Sammlung Originaltruppenzeitungen aus dem Jahr 1941 mit den entsprechenden Schlagzeilen zum Vormarsch der Wehrmacht befänden. Zu beanstanden seien auch Darstellungen von Kampfsituationen der Wehrmacht sowie Karten der „Heimat Großdeutschland“.

Weiter warnt Marienfeld auch vor Gefährdungen durch Alkoholkonsum in der Truppe. Vor dem Hintergrund zunehmender Gewaltbereitschaft werde das Zusammenleben in der Kaserne durch Drogen- und Alkoholmißbrauch „in hohem Maße gefährdet“.

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