Das Portrait
: Politischer Joke aus dem Osten

■ Täve Schur

Es kommt nicht oft vor, daß die Mitarbeiter der Verwaltungsgemeinschaft Biederitz (Sachsen-Anhalt) Anlaß zum Schmunzeln haben. Doch seitdem bekannt ist, daß Gustav-Adolf Schur (67) für die PDS in den Bundestag einziehen soll, herrscht Heiterkeit in dem kleinem Amtsgebäude. Täve, die DDR- Radsport-Legende aus dem Nachbarort Heyrothsberge, ist seit 1994 im örtlichen Gemeinderat und sei, wie es heißt, bei Sitzungen „mehr oder weniger anwesend“. Und wenn, dann „mit Statements“ statt mit „tiefgründigen Vorschlägen“. Täve begründet das mit „mangelnder Zeit“, aus diesem Grund hat er auch das Kreistagsmandat nicht angenommen – und verweist auf sein Engagement für die Friedensfahrt. Schließlich ist er Präsident des Friedensfahrtvereins, schließlich hat er die „staatlich gelenkte Sozialismus- Rundfahrt“ über die Wende gefahren.

Nun also soll Täve, der „rote Radler“, wie er im Westen gern genannt wird, in den Bundestag. Der sächsische PDS-Landesvorstand hat ihn auf den Listenplatz 1 gesetzt, will mit ihm in Leipzig in den Wahlkampf ziehen. Hier war er schließlich 15 Jahre Mitglied des Sportklubs, hier ist er groß geworden – sportlich und im Sinne der Partei. Schur war mehrfacher Sieger der Friedensfahrt, Weltmeister und Olympiasieger, seit 1958 in der SED und Mitglied der Volkskammer bis 1990. „Die DDR ist mein größtes Erfolgserlebnis“, hat Täve Schur einmal gesagt. Die, die ihn kennen, sagen heute: „Täve hat sich immer verheizen und vereinnahmen lassen.“ Und nun eben von der PDS, deren Mitglied er von Anfang an ist.

„Täve ist ein Vertreter des ostdeutschen Lebensniveaus“, begründet der sächsische PDS-Landesgeschäftsführer Ralf Eißler den Vorschlag und freut sich über den „politischen Joke“. Daß Schur nicht mehr ist, weiß Eißler. „Ich kenne viele, die ihn nicht für einen Politiker halten.“ Dennoch: Im Bundestag könne er sich um die Entwicklung des Kinder- und Jugendsports kümmern.

Bis Mittwoch hat sich Täve Schur Bedenkzeit ausgebeten. „Ich müßte dann ja Abstand von der Friedensfahrt nehmen.“ Kann er das? „Vielleicht muß ich, denn die Partei kriegt ja derzeit nur Dresche.“ Außerdem hat ihn Gregor Gysi persönlich gebeten, haben ihm Freunde und Genossen zugeredet. Und schließlich ist Täve Schur schon immer dem Ruf der Partei gefolgt. Jens Rübsam