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Gleichberechtigung selber machen

■ 200 Frauen aus Kirche, Politik und Medien unterschreiben Selbstverpflichtung: Sie wollen Arbeit, Einkommen und Bildungschancen in ihrem Einflußbereich gerech- ter verteilen. Ziel ist ein „neuer Gesellschaftsvertrag“

Berlin/Bonn (taz) – Gestern fiel in Bonn der Startschuß für die Kampagne „Frauen wollen eine andere Politik“. Über 200 prominente Frauen aus Medien und Gewerkschaften, aus Politik, Wirtschaft und der evangelischen Kirche strömten zur Auftaktveranstaltung. Ihr Ansatz: Selbst ist die Frau. Sie wollen in diesem Wahljahr und darüber hinaus bewußt darauf verzichten, Forderungen an Politiker zu erheben. Statt dessen verpflichten sie sich, selbst in ihren jeweiligen Arbeitsbereichen für mehr Gerechtigkeit zu sorgen.

Schon lange nicht mehr standen so viele illustre Frauennamen auf einer Unterschriftenliste. Von den TV-Frauen Sabine Christiansen und Hella von Sinnen über die Hamburger Bischöfin Maria Jepsen bis zur brandenburgischen Sozialministerin Regine Hildebrandt. Von der stellvertretenden DGB-Vorsitzenden Ursula Engelen-Kefer über die grüne Fraktionssprecherin Kerstin Müller bis zu Traudel Klitzke von der Volkswagen AG. Sie alle versprechen in einer „Selbstverpflichtungserklärung“, sich persönlich dafür einzusetzen, daß „Reichtum gerecht verteilt wird, um die Spaltung zwischen Arm und Reich zu überwinden. Daß Frauen und Männer gleichberechtigt an Erwerbsarbeit, Familienarbeit, Einkommen und politischer Macht teilhaben können. Daß das Zusammenleben mit Migrantinnen und Migranten von Toleranz geprägt ist.“

„Wir haben es geschafft, verstärkt in Positionen zu kommen, in denen wir etwas bewegen, entscheiden und verändern können“, sagte Ulla Schmidt, gleichstellungspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, gegenüber der taz. „Doch wir sind nach wie vor vereinzelt. Uns geht es jetzt mit der Kampagne darum, ein Netzwerk zu schaffen, um gemeinsam für eine chancengleichere Politik zu kämpfen.“ Konkret beschlossen die Frauen gestern, im Mai einen Frauenbeschäftigungsgipfel unter Federführung des DGB zu organisieren. 1999 soll erstmals eine Frau zur Bundespräsidentin gewählt werden.

Nicht in der illustren Runde weiblicher Prominenz vertreten sind CDU/CSU- Frauen. Eine Stellungnahme der früheren Bundesfrauenministerin und jetzigen Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth war dazu gestern nicht zu erhalten. Ulla Schmidt: „Wir haben ganz bewußt auf Bundesebene die CDU-Frauen außen vor gelassen, weil die CDU für eine Politik steht, die gegen eine Gleichstellung von Männern und Frauen gerichtet ist.“ Aber natürlich stehe es jeder CDU-Frau frei, sich der Kampagne anzuschließen.

Unterzeichnet hat die SPD-Frauenministerin des Landes Niedersachsen, Christina Bührmann. Sie hat es allerdings mit ihrer Selbstverpflichtung nicht einfach, denn ihr Ministerium ist von Abschaffung akut bedroht. Der Verantwortliche ist jedoch kein CDU-Politiker, sondern der SPD-Hoffnungsträger, Niedersachsens Ministerpräsident Gerhard Schröder. me/-ara

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