: Bayern gegen Amsterdam
■ Der Bundestag ratifiziert den Amsterdamer EU-Vertrag, der vor allem die engere Zusammenarbeit in der Sicherheitspolitik vorsieht. Bayern droht mit Ablehnung im Bundesrat
Bonn (dpa/rtr) – Der Bundestag hat gestern als erstes Parlament der Europäischen Union den Vertrag von Amsterdam mit einer großen Mehrheit der Koalition und SPD-Opposition ratifiziert. Bündnis 90/Die Grünen enthielten sich, die PDS-Gruppe stimmte dagegen. Das Abkommen sieht unter anderem eine engere Zusammenarbeit in der Außen- und Sicherheitspolitik, die Erweiterung der Gemeinschaft, eine Ausweitung der Europol-Befugnisse und die Einsetzung eines Generalsekretärs vor, der die EU nach außen vertreten soll.
In der fünfstündigen Debatte haben Sprecher der Koalition und der SPD trotz teilweise gegensätzlicher Positionen breite Zustimmung signalisiert. SPD-Fraktionschef Rudolf Scharping erklärte, das Abkommen sei „kein großer Meilenstein“, beseitige aber schwere Mängel des Vorgängervertrages von Maastricht. Grünen- Fraktionschef Fischer erklärte die Enthaltung seiner Partei damit, daß die Bundesregierung bei den Verhandlungen wirkliche Fortschritte verhindert habe. Dies gelte besonders für die Demokratisierung der EU-Institutionen.
Unterdessen drohte Bayern mit einer Ablehnung des Abkommens im Bundesrat. CSU-Innenminister Günter Beckstein sagte, Bayern verlange durch eine Protokollnotiz die Klarstellung, daß ein Aufenthaltsrecht für Drittstaatler in der EU nicht mit einem Zugang zum Arbeitsmarkt und Sozialleistungen verbunden sei.
Mit dem Vertrag will die EU die Flüchtlings-, Einwanderungs- und Asylpolitik innerhalb von fünf Jahren vereinheitlichen. Die Kontrollen an den Grenzen innerhalb der EU werden abgeschafft. Nur Großbritannien und Irland dürfen weiterhin auch EU-Bürger bei der Einreise kontrollieren.
In der gemeinsamen Außenpolitik müssen die grundsätzlichen Entscheidungen auch künftig einstimmig getroffen werden. Im Beschäftigungskapitel erklärt die EU ihren Willen, Arbeitsmarktstrategien zumindest zu koordinieren. Deutschland setzte aber durch, daß die EU keine neuen Gelder für beschäftigungspolitische Maßnahmen erhält. Das Sozialprotokoll, das bei der EU-Reform von 1991 noch am Widerstand der britischen Regierung gescheitert war, sieht soziale Mindeststandards vor.
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