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Streit um Knast-Spritzen

■ Körtings Modellversuch geht der CDU zuweit, den Grünen hingegen nicht weit genug

Nach seiner Ankündigung, in Berliner Gefängnissen Spritzen an Heroinabhängige auszugeben, erntet Justizsenator Ehrhart Körting heftige Kritik. Als „halbherzig“ bezeichnete Norbert Schellberg, rechtspolitischer Sprecher der Grünen, das Modell. Es komme nur wenigen der drogenabhängigen Inhaftierten zugute, weil die Spritzenabgabe zunächst nur im Frauengefängnis Lichtenberg und im Männerknast Lehrter Straße vorgesehen sei. „Der nächste dringende Schritt ist die Ausweitung auf die JVA Tegel“, sagte Schellberg. Dort säßen 1.600 der 5.000 Berliner Gefangenen.

Die entgegengesetzte Kritik kam aus der CDU-Fraktion. Obwohl die Regelung bereits 1996 in den Koalitionsvertrag aufgenommen wurde, warnten CDU- Abgeordnete vor einer weiteren Ausweitung des Drogenkonsums. Das Projekt erkenne den Status quo an.

Körtings Pressesprecherin Svenja Schröder verteidigte gestern den Modellversuch. Er solle die Gefahr von Infektionen mit HIV und Gelbsucht eindämmen. Unabhängig davon würden bestehende Suchtpräventionsprogramme fortbestehen, auch würden in den Gefängnissen aufgefundene Drogen weiterhin eingezogen. Das Ziel, die Haftanstalten drogenfrei zu bekommen, sei trotzdem kaum realisierbar. „Es gab ein ähnliches Projekt in der Schweiz, dessen Ergebnisse bereits vorliegen. Sie deuten auf keine Ausweitung des Drogenkonsums hin“, erklärte Körtings Sprecherin.

Bettina Wessolowski, Drogenberaterin beim Caritas-Verband, lobte den Modellversuch als „notwendige und sinnvolle Hilfe für drogenabhängige Gefangene“. Er stehe „auch nicht im Widerspruch zur Prävention und zum Betäubungsmittelgesetz“. Christian Domnitz

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