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Grüne für Abriß des Sozialpalastes

■ Schönebergs Bezirksbürgermeisterin Ziemer und Jugendstadträtin Herpich-Behrens stimmen der Forderung des CDU-Fraktionschefs zu. Sie kritisieren jedoch, daß Landowsky mit der Abrißbirne die Kriminalität b

Schönebergs Bezirksbürgermeisterin Elisabeth Ziemer und Jugendstadträtin Ulrike Herpich- Behrens (beide Grüne) sind dafür, den Sozialpalast abzureißen. „Es war ein Riesenfehler, das Ding zu bauen“, sagte Bürgermeisterin Ziemer gestern zur taz, „und es wäre eine vernünftige Lösung, ihn abzureißen.“ – „Für die Lebensqualität der Bewohner kann das sinnvoll sein“, stimmte Stadträtin Herpich-Behrens zu. Die heutige Situation in dem riesigen Klotz über der Pallasstraße sei das Ergebnis „langjähriger falscher Wohnungspolitik“.

Nach Ansicht Ziemers sind die baulichen Mängel an dem Gebäude so groß, daß sie kaum in den Griff zu bekommen sind. „Das Gebäude ist schlecht isoliert, überall regnet es rein, und durch das Müllschlucksystem gibt es Kakerlaken“, so die Bürgermeisterin. Außerdem seien bei der riesigen Bauweise „Anonymität und Angst in den Fluren vorprogrammiert“.

Heftig kritisierten Ziemer und Herpich-Behrens den CDU-Fraktionsvorsitzenden Klaus Landowsky. Dieser hatte in einem Streitgespräch des Tagesspiegels vom Montag die Sprengung des Sozialpalastes und des Neuen Kreuzberger Zentrums (NKZ) über der Adalbertstraße mit den Worten gefordert: „Das sind Kriminalitätszentren, die kriegt man sonst nicht mehr in den Griff.“ SPD-Staatssekretär Hans Stimmann hatte ihm zugestimmt.

Annette Maurer-Kartal hält von den Abrißideen nichts. Sie arbeitet beim Verein Halk Köesis, der den Nachbarschaftstreff Pallasladen, einen Schülertreff und zwei Kitas am Sozialpalast betreut. „Die sozialen Probleme sind nicht auf dieses Gebäude konzentriert, sie kommen hier nur geballt vor, weil es im Sozialpalast 500 Haushalte gibt.“ Die gleichen Probleme und die gleichen Klagen gebe es auch in den kleineren Häusern im Norden Schönebergs. „Und man kann ja nicht den halben Stadtteil dichtmachen.“ Gefragt seien Jobs und Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche sowie eine andere Gestaltung des Wohnumfeldes: Grünanlagen statt Parkplätzen vor dem Haus, ein Zugang zum Kleistpark, der Rückbau der Pallasstraße.

Auch in Kreuzberg teilt man die Schöneberger Ansichten nicht. Sowohl der grüne Bürgermeister Franz Schulz als auch die SPD-Sozialstadträtin Ingeborg Junge- Reyer lehnen einen Abriß des NKZ ab. „Wir lösen die sozialen Probleme nicht durch den Austausch der Bevölkerung“, so Junge-Reyer. „Man muß an der Situation der Menschen etwas ändern.“ Dringend notwendig seien bezirksbezogene Arbeitsmöglichkeiten.

„Wenn am Kottbusser Tor etwas Sinn macht, dann ist es eine behutsame Stadterneuerung“, sagte Schulz. Außerdem sei – anders als Landowsky suggeriere – die Kriminalität und insbesondere die Beschaffungskriminalität am Kottbusser Tor stark zurückgegangen.

Im Sozialpalast wird heute in einer Arbeitsgruppe des Präventionsrates Schöneberg Nord über die Zukunft des Gebäudes diskutiert. Direkt entscheiden kann die Politik nichts, denn sowohl der Sozialpalast als auch das NKZ haben private Besitzer. Sabine am Orde

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