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Gänseblümchen und Frauenstadt

In der Ausstellung „Jugend entwickelt Berlin“ zeigen junge KünstlerInnen, wie sie sich das Berlin der Zukunft vorstellen. Flughafen Tempelhof soll Grünfläche werden  ■ Von Peter Kasza

Auf der Startbahn blühen die Gänseblümchen, und über den Baumwipfeln herrscht Ruhe. Grün soll er also zukünftig sein, der Flughafen Tempelhof. Darüber sind sich die TeilnehmerInnen des Wettbewerbs „Jugend entwickelt Berlin“ alle einig, sosehr sich die einzelnen Konzepte auch im Detail unterscheiden. Zum zweiten Mal riefen der Senat und die hauptstädtische Agentur „Partner für Berlin“ Jugendliche bis 25 Jahren auf, ihre Ideen für die lebensfreundlichere Gestaltung Berlins einzubringen. Siebzig Arbeiten sind eingereicht worden, die besten werden am 1. April von einer Jury gekürt.

Ein Schwerpunkt war dann auch die Neugestaltung des Flughafens Tempelhof. Geht es nach Colin Schlüter und Sophia Rudolph (beide 12 Jahre), soll dort ein „luftiges Wohn- und Freizeitgebiet“ entstehen. Das ganze Areal mit einem durchsichtigen Zeltdach überziehen will hingegen der 24jährige Architekturstudent Ben Nicolas Hoffmann – „um den Gegensatz zwischen drinnen und draußen aufzuheben“. Sein Projekt „Zelt für Berlin“ lehnt sich an das umstrittene Millennium Dome in London an. Unterschiedliche Vorstellungen gibt es für die Nutzung der Gebäude auf dem Areal. Wollen die MacherInnen der meisten Projekte ein Zusammenleben beider Geschlechter, so favorisieren zwei Entwürfe eine strenge Segregation.

So möchte ein jugendlicher Stadtentwickler, daß Kinder und Jugendliche von 8 bis 18 Jahren zusammen in einem Haus leben – wie in einem Kibbuz. Doch mit der Volljährigkeit soll die Einigkeit ein Ende haben: Erwachsene Männer sollen dann in einem, Frauen in einem anderen Haus leben. Erst alte Menschen (ab 60 Jahren) sollen wieder zusammen ein Häuschen bevölkern. Gar keinen Zutritt haben Männer, wenn es nach dem Willen der 20jährigen Studentin Julia Berger geht: Der ehemalige Flughafen soll eine eigene kleine Stadt werden, in der „Frauen die Chance haben, sich selbst zu verwirklichen, und zwar nach basisdemokratischen Regeln“.

Mit der zukünftigen Gestaltung des Alexanderplatzes beschäftigen sich Jo Preußer und Ajoscha Begrich und stellen klar: „Das ist natürlich Utopie.“ Sie plädieren für eine radikale Öffnung des Platzes. Der Boden des Platzes ist durchsichtig, man kann U- und S-Bahnen beim Fahren und den Menschen beim Spazierengehen zusehen. Zwölf Blöcke für Geschäfte und Wohnungen befinden sich auf dem Platz. Sie sind teilweise unterirdisch in den Boden eingelassen. „Die Planung vereint Kultur, Natur und Städtebau und stellt ein Zusammenspiel von Farbe, Licht und Bewegung dar“, heißt es in der Beschreibung. In Anlehnung an die Weltzeituhr umschweben neun Kugeln den Fernsehturm. Sie bestimmen ihre Entfernung zum Turm „durch die Wellenbereiche der Farben im elektromagnetischen Spektrum“. Die Farben der Kugeln haben unterschiedliche Bedeutungen. So steht Gelb zum Beispiel für Leichtsinn, Rot für Erotik. Was auch erklärt, warum sich die BesucherInnen der Ausstellung insbesondere für den Inhalt der roten Sphäre interessierten. Zu erreichen durch einen Shuttle, erwarten einen im Inneren der roten Kugel „Eisenbetten mit Federkernmatratzen, die an Titanseilen hängen“. Durch die Kugel windet sich eine freie Wendeltreppe, „in Sprungweite zu den Betten“. Probleme wie Aids, Sexismus und Liebesverdruß werden durch den symbolischen Abgrund bewußt gemacht.

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