Männliche Fahrkunst mit Schlagkraft

■ „Aggressive Fahrweise“: 27jähriger Autofahrer muß sich wegen schwerer Körperverletzung vor Gericht verantworten

Wer bei der heftigen Schlägerei am 31. Januar letzten Jahres mitten auf der Lombardsbrücke Täter und wer Opfer war, darüber gingen gestern die Meinungen vor dem Hamburger Strafgericht weit auseinander. Schwere Blessuren hatten beide Beteiligten davongetragen: Der ehemalige Zeitsoldat Ümir T. (27) klagte nach eigenem Bekunden hinterher über Nasenbluten und ein blaues Auge, bei dem 32jährigen Martin S. diagnostizierten Ärzte mehrere Prellungen am Kopf und eine leichte Gehirnerschütterung. Die Staatsanwaltschaft wirft Ümir T. nun vor, Martin S. „mit einer Waffe körperlich mißhandelt zu haben“.

Anlaß der Schlägerei: die Fahrkünste der beiden Männer. „Im Tunnel hat mich Martin S. zweimal mit seinem Wagen geschnitten“, erklärte Ümir T. pikiert vor Gericht. „Ich mußte erst die Spur wechseln und heftig bremsen, um einen Unfall zu vermeiden.“Martin S. hingegen beteuerte, er habe sich „lediglich“durch die „aggressive Fahrweise“des anderen provoziert gefühlt und überholt.

An der nächsten Ampel traf man sich wieder. „Hocherregt fluchend und mit wilden Handbewegungen“, so Ümir S., habe sein Kontrahent im Wagen neben ihm gesessen. Da habe er wissen wollen, was denn sein Problem sei und folgte ihm. „Scheißtürke“und „du Öllaube, lern' erstmal Autofahren“, soll ihn Martin S. an der nächsten Ampel beschimpft haben. Das deckt sich auch mit der Aussage von Ümir T.s Beifahrer.

„Ich habe spanische und griechische Freunde“, wehrte sich daraufhin Martin S. vor Gericht. Rechte Beschimpfungen seien doch „der absolute Schwachsinn“. Die kämen ihm nicht über die Lippen. Außerdem sei alles ganz anders gewesen. Ümir T. habe ihn an der zweiten Ampel provoziert: „Bist du bescheuert? Willst du ein paar aufs Maul?“habe er geschrien. Da habe er sich nicht mehr zurückhalten können und gerufen: „Das will ich sehen.“Anschließend sei der 27jährige mit einem Knüppel in der Hand aus dem Wagen gestiegen und habe ohne ein Wort zugeschlagen.

So nicht, meint dagegen Ümir T. Martin S. sei es gewesen, der als erster mit einem Holzknüppel aus seinem Wagen stieg. Nur um sich wehren zu können, habe auch er daraufhin seinen Gummiknüppel gezückt. „Wir standen aber so dicht beieinander, daß wir nur mit den Fäusten zuschlagen konnten.“Außerdem habe er prompt den ersten Schlag einstecken müssen. Seine Reaktion sei pure Notwehr gewesen. „Alles unter drei Sekunden sind doch Reflexe!“

Ein weiterer Zeuge soll nun für mehr Klarheit sorgen. Der Prozeß wird am 23. März fortgesetzt.

Roswitha Tröger