: 5 Mark als kleines Mißverständnis
■ Eine „gute Grundidee“ nannte Bundesumweltministerin Angela Merkel die Erhöhung der Mineralölsteuer. Bis CDU-Generalsekretär Peter Hintze das Gegenteil sagte. Eine Analyse
Berlin (taz) – Wenn man im Wahlkampf vor der Zapfsäule steht, sollte man keine höheren Benzinsteuern fordern. Das gilt auch für die CDU. Und dann das: Just an dem Freitag, an dem CDU- Generalsekretär Peter Hintze sich mit Protestpappe in der einen und Zapfhahn in der anderen in Bonn vor die Kameras stellte, diktierte Angela Merkel in Berlin Journalisten der Berliner Zeitung in den Block, sie halte die Anhebung des Spritpreises für eine „gute Grundidee“ – wenn auch fünf Mark zuviel seien. Prompt folgert die Berliner Zeitung: „die CDU ist gespalten“. Und die Aufregung war groß.
Angela Merkel wäre nicht die Parteisoldatin, die sie ist, wenn sie nicht prompt per Fax die Spaltung der CDU dementiert hätte. Das mit der „guten Grundidee“ dementiert sie nicht. Kann sie ja auch gar nicht. Schließlich wird sie seit Jahren nicht müde zu betonen, daß sie für Energiesteuern auf EU- Ebene ist, angefangen beim Flugbenzin bis hin zu einer höheren Mineralölsteuer. Und da widersprach kaum einer offen in der CDU. Warum auch: Bis die EU sich über Energiesteuern einigt, wird es noch eine Weile dauern.
Das war Angela Merkel auch schon mal klar. Im September 1995 hat sie noch in der Wirtschaftswoche einen nationalen Alleingang bei der Energiesteuer befürwortet. Übrigens befand sie sich damals in bester Gesellschaft: Wolfgang Schäuble etwa war auch für eine Energiesteuer. Die wollte er anstelle des Kohlepfennigs Ende 1995 einführen. Dann sprach der Kanzler im Herbst 1995 zuerst mit dem BDI und dann ein Machtwort: Nix da mit der Ökosteuer!
Seitdem ist die brave Angela Merkel nur noch für EU-weite Ökosteuern und setzt sich nur noch in Brüssel im Namen der Bundesregierung für teureres Benzin ein – jedenfalls erzählt sie das immer stolz. Sagten die EU-Staaten also nächste Woche ja, müßte Kohl die neue Benzinpreisschilder aufhängen, während Hintze unten protestiert. Jedenfalls von der Grundidee her. Matthias Urbach
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