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■ QuerspalteKundenparadies Deutschland

Ade, „Servicewüste Deutschland“! Das Freundlichkeitstraining, welches sich Dienstleister verordnet haben, hinterläßt erste Spuren. „Mein Name ist Martin Haseneder. Einen schönen guten Tag! Was ist ihr Begehr?“ so ähnlich nett klingt nun die Auskunft der Telekom. Kein stundenlanges Besetzt-Zeichen mehr. Ein paar kleine Probleme bleiben allerdings noch. Münzfernsprecher, die mit maximal einer Mark gefüttert werden können, schaffen zwar die Verbindung – sprich: schlucken das Geld – um sie Sekunden später einzustellen. Ganz umsonst ist die neue Freundlichkeit nämlich nicht. Das Anwählen kostet genau 96 Pfennig. Bleibt gerade noch so viel Zeit, sich von Martin Haseneder freundlich begrüßen zu lassen.

Da ist die Postbank schon weiter. Mit den Slogans „Eine bombige Nachricht für Sie“ und „Ein Feuerwerk von Vorteilen!“ informiert sie ihre Kunden, daß ab dem 1. April das Privat-Girokonto „für Sie kostenlos“ ist – fettgedruckt. Und, daß Sie zukünftig „garantiert kein Kontoführungsgeld“ zahlen müssen. Toll! „Einzige Voraussetzung“: Die Zahlungseingänge wie Gehalt, Kindergeld und – nicht zu vergessen – die Mieteinnahmen müssen monatlich mindestens 2.000 Mark betragen. Wer die nicht hat, kein Problem, auch da wird freundlich weitergeholfen: „Sie haben bis Ende September 1998 die Möglichkeit, ihre Konto-Eingänge auf 2.000 Mark pro Monat anzuheben.“ So einfach ist das – einfach anheben! Das ist endlich der langersehnte, günstige Anlaß, mit dem Brief der Postbank in der Hand beim Arbeitgeber die überfällige Gehaltserhöhung einzufordern. Unterschrieben mit blauer Tinte hat in gut leserlichen Druckbuchstaben die Postbank-Kundenbetreuerin Christine Luckmann. Über das angegebene Kundentelefon der Postbank allerdings ist die freundliche Betreuerin nicht zu erreichen. Da meldet sich nur ein netter Herr und sagt: „Aber Frau Luckmann können Sie gar nicht sprechen. Die ist doch die Chefin der Zentrale in Bonn.“ Wolfgang Müller

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