: Millionen feiern den Papst in Nigeria
■ Johannes Paul II. fordert von der Militärjunta die Achtung der Menschenwürde und die Freilassung politischer Gefangener
Onitsha/Abuja (rtr/AFP/taz) – Auf seiner Nigeria-Reise nimmt Papst Johannes Paul II. entgegen mancher Befürchtungen kein Blatt vor den Mund. Mit eindeutigen politischen Stellungnahmen bringt er das Militärregime von General Sani Abacha in die Defensive.
„Es kann keinen Raum für die Einschüchterung und Beherrschung der Armen und Schwachen geben“, sagte der Papst gestern bei einer Messe vor etwa 1,5 Millionen Gläubigen in Oba bei Onitsha im Südosten des Landes. Die Regierung dürfe ihre Macht nicht mißbrauchen und einzelne Personen nicht vom politischen Leben ausschließen. „Alle Nigerianer müssen die Gesellschaft von allem befreien, was die menschliche Würde verletzt und gegen die Menschenrechte verstößt“, sagte er und rief seine Zuhörer auf, „Ehrlichkeit, Effizienz und Kompetenz in der Regierungskunst unter Beweis zu stellen“.
Bereits zu Beginn seines dreitägigen Besuchs am Samstag hatte der Papst in Nigerias Hauptstadt Abuja vor einem Treffen mit Regierungsvertretern erklärt: „Sie alle sind aufgerufen, ihre Weisheit und Erfahrung für die schwierige und dringende Aufgabe zu nutzen, eine Gesellschaft zu bauen, die alle ihre Mitglieder in ihrer Würde, ihren Rechten und ihrer Freiheit respektiert.“ Ein Vertreter des Papstes übergab dem nigerianischen Außenminister Tom Ikimi eine Liste mit den Namen von rund 60 politischen Gefangenen mit der Aufforderung, „eine Geste der Milde zu zeigen“. Nach Angaben des Vatikans befinden sich auch prominente Namen auf der Liste, die jedoch kürzer ist als die dem Vatikan zuvor von Menschenrechtsorganisationen übergebene Aufstellung politischer Gefangener in Nigeria. Die Militärregierung soll zugesagt haben, die Liste zu prüfen.
Abacha versuchte, den Papstbesuch für sich auszuschlachten. Der Juntachef ließ es sich nicht nehmen, auf dem Flughafen von Abuja zusammen mit dem Papst den roten Teppich entlangzumarschieren. Abacha sagte, er unterstütze die Kampagne des Papstes „gegen Ungerechtigkeit, Diktatur und den globalen Kapitalismus“.
Die gestrige Messe in Oba nahe Onitsha – ohne Abacha – war jedoch der eindeutige Höhepunkt des Besuches. Etwa 1,5 Millionen Menschen kamen auf einem nie fertiggestellten Flughafengelände zusammen, obwohl eine extrem schwüle Hitze herrschte, die Polizei die Gegend weiträumig abgeriegelt hatte und Nigerias andauernde Benzinknappheit auch in dieser Gegend den Verkehr an den Rand des Zusammenbruchs getrieben hat.
Der eigentliche Anlaß der Messe, die Seligsprechung des 1964 verstorbenen Mönches Cyprien Tansi wegen seines exemplarischen missionarischen Lebens, fand unter eher makabren Umständen statt. Tansis sterbliche Überreste wurden vor dem Papstbesuch zur Identitätsüberprüfung exhumiert und dann in einem Glassarg an den Ort der Messe transportiert. D.J.
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