■ H.G. Hollein
: Techno-Cats

Die Katze, die mich duldet, fährt voll auf Tunneltrance ab. Genau gesagt, sie duselt dabei selig weg. Zwar legt sie bei den ersten Takten einen durchaus ravegemäßen Milchtritt hin, aber nur, um alsbald unter dem sanften Gewummer der „BPMs“, der Baßschläge pro Minute, in einen entspannten Tiefschlaf zu gleiten. Diese Erkenntnis ist für meine und für die Nachtruhe der Frau, mit der ich lebe, nicht ganz unerheblich und ist darüber hinaus – Bescheidenheit wäre hier ganz unangebracht – für die Musikgeschichte von bahnbrechender Bedeutung.

Else – das ist die Katze (japanisch Nekko, vielleicht kommt die Affinität zu Tekkno ja auch daher) – pflegte nämlich bis vor kurzem ihr musikalisches Defizit mit bisweilen etwas enervierenden Experimenten in nächtlichem Obertonsingen auszugleichen. Von der hohen Musikalität und dem sensiblem Klangempfinden unserer felinen Mitbewohnerin überzeugt, experimentierte die Gefährtin lange Zeit mit klassisch-orchestraler Prä-Schlafberieselung. Aber selbst ein Gassenhauer-Reservoir wie Mozarts Zauberflöte steckt offenbar voll verborgener dissonanter Fallen, die sich nur dem kritischen Katzenohr erschließen. Bessere – das heißt zumindest vorübergehende – Ergebnisse brachte da schon die Beschallung mit Bachs streng mathematischen Klanggebäuden. Aber nach ein paar Kadenzen spitzelten die unbestechlichen Ohren hinter dem Versuch, G– O– T– T in Tönen wiederzugeben, offenbar den materialistischen Protestanten heraus und wurden unter empörtem Zucken und anhaltendem Mißfallensmaunzen hinausgetragen.

Elses überaus zustimmend schläfrige Reaktion auf die Bemühungen eines Alec Empire etwa, das I–N–T–E–R–F–A–C–E musikalisch hörbar zu machen, führt dagegen zum unabweisbaren Schluß, daß Tekkno nichts anderes ist als die von spiritueller Absolutheit durchdrungene und von endlichem Erfolg gekrönte Suche nach dem digitalen Klang G– O– T– T– E– S.