: Grünes Licht aus Karlsruhe für den Euro
■ Bundesverfassungsgericht lehnt zwei Verfassungsbeschwerden gegen die Euro-Einführung ab
Freiburg (taz) – „Ich mache dem Gericht Angebote, die es aufnehmen kann oder nicht“, sagte Karl Albrecht Schachtschneider, als er im Januar mit drei Professoren-Kollegen Verfassungsbeschwerde gegen die geplante Euro- Einführung erhob. Das Bundesverfassungsgericht hat das Angebot nicht angenommen und der Politik die Verantwortung für die Währungsunion überlassen. Zwei Verfassungsbeschwerden wurden gestern abgelehnt, darunter die der vier Professoren. Drei weitere bereits vorliegende Klagen sind damit faktisch miterledigt.
Das Argument von Schachtschneider und Co, die Währungsunion verletze die Bürger in ihrem Grundrecht auf Eigentum, ließ Karlsruhe nicht gelten. Denn die Euro-Einführung sei im Grundgesetz ausdrücklich vorgesehen. 1992 stimmten Bundestag und Bundesrat nämlich nicht nur dem Maastrichter Vertrag zu, sondern änderten dabei auch den Artikel 88 GG, der seitdem das Verhältnis von Bundesbank und Europäischer Zentralbank regelt. Daß diese grundsätzliche Zustimmung zur Währungsunion möglich war, hatte Karlsruhe bereits 1993 festgestellt. Jetzt konnte es nur noch um Zeitpunkt und Teilnehmer der Währungsunion gehen. Doch auch hier sah der Senat keinen Ansatz für eine Argumentation mit individuellen Grundrechten. Vielmehr bestünden „Einschätzungs-, Bewertungs- und Prognoseräume“, deren Ausfüllung von den „politischen Organen“ zu verantworten sei. Bundestag und Bundesregierung wurden dabei von Karlsruhe nochmals an ihren „Auftrag“ erinnert, die Währungsunion als „Stabilitätsgemeinschaft“ zu gestalten.
Eigentlich hätte Karlsruhe es sich einfach machen und die Verfassungsbeschwerden kurz und bündig als „unzulässig“ abschmettern können. Denn die Kläger mußten ziemlich windige Konstruktionen bemühen, um überhaupt eine Verletzung ihrer Grundrechte anzuführen. In seinem 39seitigen Beschluß ließ der Zweite Senat die Zulässigkeit der Beschwerden nun aber lieber „dahinstehen“. Mag sein, daß er eine so knappe Antwort angesichts der Bedeutung des Themas unangemessen fand, vielleicht wollte sich das Gericht aber auch zukünftige Interventionen nicht verbauen. Die Verfassungsbeschwerden wurden als „offensichtlich unbegründet“ eingestuft.
(Az.: 2 BvR 1877/97 und 50/98) Christian Rath
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