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Schüsse gegen Streikende in Bolivien

Der Präsident und Ex-Diktator Hugo Banzer droht, den Ausnahmezustand über das Land zu verhängen. Seit Tagen liefern sich streikende Lehrer und Kokabauern heftige Auseinandersetzungen mit Militär und Polizei  ■ Von Ingo Malcher

Berlin (taz) – Der bolivianische Präsident Hugo Banzer droht seinem Land mit dem Ausnahmezustand. Seit einer Woche streiken in Bolivien Lehrer, Arbeiter und Angestellte im Gesundheitssektor. Immer wieder kam es dabei zu schweren Auseinandersetzungen zwischen Gewerkschaftsmitgliedern und der Polizei. Mindestens zwei Menschen wurden bei den Auseinandersetzungen getötet, meldeten die Fernsehsender des Landes.

„Wenn sich die Welle der Gewalt weiter fortsetzt, schließt es meine Regierung nicht mehr aus, den Ausnahmezustand zu erklären“, warnte Banzer, der von 1971 bis 1977 Bolivien als Diktator beherrschte. Bei den Wahlen im vergangenen Jahr wurde Banzer auf demokratischem Weg zum Präsidenten gewählt. Der Ausnahmezustand erlaubt es der Regierung, die Versammlungsfreiheit, das Streik- sowie das Demonstrationsrecht außer Kraft zu setzen. Zwar zeigte sich Banzer dazu bereit, dem bolivianischen Gewerkschaftsdachverband (COB) entgegenzukommen, lehnte es aber entschieden ab, auf die Hauptforderungen der Organisation einzugehen. Die COB fordert einen Mindestlohn von umgerechnet 650 Dollar, was Banzer für übertrieben hält.

Ginge es nach der Gewerkschaft, würde Bolivien seine Auslandsschulden nicht mehr bezahlen und das Geld für Lohnerhöhungen verwenden. „Das ist ein Thema, über das diskutiert werden muß“, räumte der Minister für Wohnungswesen, Edgar Millares, ein. Dennoch sei es, so Millares, unmöglich, die Auslandsschulden einfach nicht zu bezahlen, denn „man muß die Globalität des Problems sehen“. Er warnte, daß in einem solchen Falle kein Geld mehr nach Bolivien fließen würde.

Weiter will die COB, daß diejenigen Kleinbauern, die ihre Kokapflanzen freiwillig vernichten, wieder 2.500 Dollar pro umgepflügtem Hektar Kokafeld bekommen anstatt 1.650 Dollar, wie dies eine neue Regelung vorsieht. Bis zum Jahr 2002 sollen die Entschädigungszahlungen für die Campesinos noch weiter gesenkt werden.

Wegen der umstrittenen Mittelstreichung für das Anti-Koka-Programm kam es in der Hauptanbauregion der Kokapflanze, im Chapare, zu schweren Zusammenstößen zwischen der Armee und Campesinos. Seit sechs Tagen blockieren Kokabauern an mehreren Stellen die für den Güterverkehr wichtige Straße von der Provinzhauptstadt Cochabamba zu der Handelsmetropole Santa Cruz.

Bei den Zusammenstößen zwischen mit Steinen und Macheten bewaffneten Bauern und dem Militär sollen nach Angaben der Polizei bereits zwei Menschen getötet worden sein. Die Gewerkschaft der Kokabauern spricht von sieben Toten, darunter soll auch ein einjähriges Kind gewesen sein.

Auch in La Paz war es Ende vergangener Woche zu heftigen Zusammenstößen gekommen. Mit scharfer Munition gingen Polizei und Militär am Freitag gegen streikende Lehrer vor, die versuchten, die Hauptzufahrtsstraßen der Stadt zu blockieren. Verletzt wurde allerdings niemand. Während die COB die Gewaltanwendung der Regierung scharf verurteilte, sprach Arbeitsminister Leopoldo López davon, der Schußwaffeneinsatz sei ein „strategischer Fehler“ gewesen, der dem Image der Regierung schade. Allerdings sei die Lage auf den Straßen untragbar gewesen.

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