: Tag der offenen Tür in Erfurt
■ CDU-Abgeordneter testet undercover Sicherheit des thüringischen Innenministeriums. Codes stehen in der Zeitung. Nur Kantine ist sicher
Berlin (taz) – Kennen Sie den britischen Scherz von dem Mann, der seinen Aktenkoffer mit der Zahlenkombination 123 verschließt, weil kein Dieb eine solch schlichte Sicherung ausprobiert? Richard Dewes, Innenminister von Thüringen und SPD-Landesvorsitzender, kann darüber nicht lachen. Sein Ministerium ist in den Schlagzeilen, weil bei einem Umzug der Behörde im November zwei Computer mit brisanten Daten gestohlen wurden. Trotz gegenteiliger Beteuerung gibt es scheinbar noch immer keine ausreichenden Sicherheitsmaßnahmen im Innenministerium. Das hat Hans-Peter Häfner, Landtagsabgeordneter der CDU, auf ungewöhnliche Weise recherchiert: Er drang höchstpersönlich ins Ministerium ein.
Die Idee kam vom blamierten Minister selbst. Im Innenausschuß des Landtages hatte Dewes auf die Frage, ob auszuschließen sei, daß jeder in seiner Behörde herumspazieren könne, geantwortet: „Versuchen Sie es doch mal!“ Gestern fuhr Häfner aus der Tiefgarage des Ministeriums per Aufzug in die Abteilung II, die seit November zwei Computer vermißt. Eine Tür aus Panzerglas, die nur mit einem geheimen Zahlencode geöffnet werden kann, versperrt den Zugang. Kein Problem für Häfner: „Eine kinderleichte Kombination aus vier Ziffern. Die erste Zahl ist die Gebäudenummer, die 1, dann folgt die Nummer des Stockwerks, eine 0 fürs Untergeschoß. Dann muß man nur noch den aktuellen Monat eingeben, zum Beispiel 04 für April“, erklärte der Abgeordnete der taz. Doppelt peinlich: Schon vor zwei Wochen hatte die Regionalpresse die Verschlüsselungsmethode im Innenministerium angedeutet. In der Abteilung II angekommen, besuchte Häfner, noch immer inkognito, sogar die Abteilung Innere Sicherheit. Anschließend wollte er noch in die Kantine. „Hier scheiterte ich an einer anderen Kombination. Die Kantine scheint am besten gesichert zu sein.“
Richard Dewes versuchte gestern den ungebetenen Besuch herunterzuspielen, konnte seinen Zorn jedoch kaum verbergen: „Ich habe den Eindruck, einige Mitglieder der CDU-Fraktion machen sich einen Sport daraus, polizeiliche Überwachungsmaßnahmen in Frage zu stellen.“ Robin Alexander
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