: Feiern „Graue Wölfe“mit Staatsknete?
■ Bremerhavener geben Zuschuß für ein Treffen der „Türkischen Familienunion“/ Die „Grauen Wölfe“, eine ultra-nationalistische türkische Vereinigung, sind offenbar mit daran beteiligt
„Bremerhaven finanziert türkische Faschisten“– das steht für Vertreter der „Gesprächsrunde gegen Fremdenfeindlichkeit“in Bremerhaven fest. Der Vorwurf: Der Ausländerauschuß habe 2.650 Mark für eine Veranstaltung der vom Verfassungsschutz beobachteten „Grauen Wölfe“im niedersächsischen Loxstedt-Nesse bewilligt. Mindestens 500 türkisch-nationalistisch gesinnte Besucher werden nun am Sonntag in der Mehrzweckhalle in dem Ort im Süden Bremerhavens erwartet.
Als Antragsteller für den Zuschuß von 2.650 Mark firmierte die Bremerhavener „Türkische Familienunion“. Auf dem Ankündigungsplakat der Veranstaltung, das nun in ganz Norddeutschland kursieren soll, taucht aber die „Türkische Föderation“als Veranstalter auf – der Dachverband der sogenannten Grauen Wölfe. Von dem Zusammenhang mit den „Grauen Wölfen“nichts ahnend, nickte der Ausschuß den Zuschuß einstimmig ab.
Vertreter der „Gesprächsrunde“, in der Gewerkschaften, Kirchen und ausländische Vereine sitzen, sind schockiert: dort wird die Organisation als klar faschistisch angesehen. In den 80er Jahren sollen die Grauen Wölfe für Mordanschläge gegen linksorientierte Türken und Kurden verantwortlich gewesen sein.
„Faschistisch“will der niedersächsische Verfassungschutz die Organisation zwar nicht nennen - doch auch für den Sprecher Rüdiger Hesse gelten die Grauen Wölfe als extrem nationalistische Organisation, die die Demokratie als „Erfindung der Juden und als Einfallstor für den Kommunismus“sehen würden. Die Grauen Wölfe, so Hesse, würden vom Verfassungsschutz „intensiv beobachtet“, sie stünde nicht auf dem „Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung“. Auf der Publikationsliste der Grauen Wölfe stünde auch eine türkische Übersetzung von Auszügen aus Hitlers „Mein Kampf“.
Bei der „Türkischen Familienunion“wird betont, daß nur die auf dem Plakat abgebildeten Sänger von der „Türkischen Föderation“kämen – politische Agitation werde nicht stattfinden. Die Bezeichnung „faschistisch“will Vereinsvorsitzender Osman Safi nicht gelten lassen: „Wir wissen genau, was Faschismus bedeutet – wir sind das nicht.“Man selbst betrachte sich als „europäische Türken“.
Dennoch fühlt sich die Vorsitzende des Ausländerausschusses, Anita Mattissen „getäuscht“. Denn in dem Antrag für den Zuschuß war nur die Rede von einer kulturellen Veranstaltung der „Türkischen Familienunion“, die in der Mehrzweckhalle in Loxstedt stattfinden wird. „Keine Anzeichen“habe man gehabt, so auch Magistrats-Pressesprecher Wilfried Moritz, daß sich dahinter eine „politische Organisation“verberge. „Die Unvoreingenommenheit gegenüber Anträgen von ausländischen Gruppen ist schwer beschädigt.“Selbst die Sprecherin der CDU im Ausländerausschuß, Lisa Kagoscha, hatte keine Verbindung mit den Grauen Wölfen geahnt – noch vor sechs Wochen war sie bei der „Türkischen Familienunion“zu Besuch. Über den großen Wolf an der Wand habe sie sich nicht gewundert.
Dem Leiter des Loxstedter Sozial- und Ordnungsamtes, Holger Rasch ist nicht wohl in seiner Haut. Nachträglich hätte er die Veranstaltung nicht gebilligt. Doch die Grauen Wölfe sind nicht verboten. In Zukunft, so Rasch, werde man genauer hinsehen, an wen die Mehrzweckhalle vermietet wird.
Christoph Dowe
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