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„Was sollen Fünftklässler im Internet?“

■ Die Debatte um Multimedia an den Schulen ist entbrannt: Welchen Sinn machen Computer im Unterricht? Kinder sollen lieber lesen und schreiben lernen, meint MIT-Professor Weizenbaum

Tafel, Fiebel und des Lehrers Wort: Schule war schon immer Multimedia. Das sagt kein technikfeindlicher Alt-Pädagoge, sondern der renommierte Informatikprofessor Joseph Weizenbaum. Seine Lehrzeit am berühmten Massachussets Institute of Technology (MIT) hat er unterbrochen, um im vergangenen halben Jahr an der Bremer Universität zu forschen. Unter einer teuren Aufrüstung mit multimedialem Computerzubehör verschwänden die eigentlichen Aufgaben von Schule, warnte der Computerwissenschaftler: „Priorität eins muß sein, den Schülern die Herrschaft über die eigene Sprache zu geben, daß sie sprechen, schreiben und kritisch lesen können“, sagte Weizenbaum am Mittwoch bei einem Forum der SPD-Fraktion über „Multimediales Lernen“im Haus der Bürgerschaft. Mathe und Geschichte kämen gleich dahinter. Selbst die Analyse über die gesellschaftlichen Folgen der Computerisierung fände auf deutsch statt.

Die von Staatsrat Hans-Henning Zietz vorgetragene Vision der Bremer Bildungsbehörde, wonach bald alle SchülerInnen ab Klasse fünf oder sieben Informations- und Kommunikationstechniken zur Verfügung haben sollten, schmetterte der Professor ab. „Warum sollen sich Kinder in der fünften Klasse im Internet auskennen?“, fragte Weizenbaum und sprach damit manchem der anwesenden PädagogInnen aus der Seele. BildungsforscherInnen und LehrerInnen müßten sich die Frage stellen, was sie denn künftig zugunsten der Computer an Inhalten weglassen wollten. „Der Computer war von Anfang an eine Lösung, die eine Aufgabe sucht“, spottete der MIT-Prof. Jetzt sei es die Schule.

Die SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Ulrike Hövelmann hatte das Forum organisiert, um die „Suche nach dem richtigen Konzept für multimediale Bildung“voranzubringen. Zur Kritik von Weizenbaum sagte die Politikerin, der Amerikaner gehe bei seinen harten Worten von amerikanischen Schulen aus, die mit Computern weitaus besser ausgestattet seien als die hiesigen. Später räumte der Zornige ein, daß Schulen sehr wohl vernünftig ausgestattete Computerräume bräuchten und vor allem LehrerInnen, die sich damit auskennen.

Michael Plehnert von der Bremer Landesbildstelle stellte fest, daß in Bremen sämtliche Schulen ab der Sekundarstufe I Computerräume und PCs für mindestens eine Arbeitsgruppe hätten. Die Ausstattung sei allerdings „kunterbunt“. Außerdem verfügten alle diese Schulen über einen Anschluß zum Internet. Was die einzelnen Schulen damit anstellten, sei jedoch von sehr unterschiedlicher Qualität. Zur Zeit laufe ein Forschungsprojekt der Universität Bremen über Möglichkeiten des Computereinsatzes in den Grundschulen.

Die Bildungsbehörde peile an, das Ziel „Jedem Schüler einen Laptop“zu verwirklichen, sobald die Geräte billiger würden, sagte Plehnert. Es sei aber noch unklar, was das für die Lerninhalte bedeuten werde. Wie müßte der Rechtschreibunterricht aussehen, wenn jeder Rechtschreibprogramme auf dem Rechner habe? „Da muß man sich rantasten.“

Wenn das Bildungsressort Geld für neue Medien an den Schulen verteile, komme das Gießkannenprinzip nicht in Frage. Stattdessen müßten sich einzelne Schulen bewerben. Chancen hätten solche Schulen, die helfen könnten, die Fragen nach dem Einfluß der Computer auf die Lerninhalte zu beantworten. Joachim Fahrun

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