Ein Rasthaus am Rande des Gesetzes

■ Es gibt auch Deutsche, die nicht wegschauen, wenn Flüchtlinge, die der Staat illegal nennt, Zuflucht suchen. Ein Beispiel aus Freiburg

Freiburg (taz) – Nach offizieller Sprachregelung sind sie „Illegale“, und wenn sie der Polizei in die Hände fallen, droht ihnen die Verhaftung. Erstmals in Deutschland sollen jetzt illegal hier lebende Flüchtlinge in einem „Rasthaus“ zumindest vorübergehend Zuflucht finden. Dies planen mehrere lokale Initiativen in Zusammenarbeit mit der überregionalen Kampagne „Kein Mensch ist illegal“. Hierfür soll von der Stadt ein Haus gekauft werden und als Anlaufstelle und Beherbungsmöglichkeit für legale und „illegalisierte“ Flüchtlinge dienen.

„Wir wollen, daß Flüchtlinge in der Stadt einen Raum haben und präsent sein können“, erklärte Initiatorin Veronika Treiber. Insbesondere für illegal hier lebende Flüchtlinge sollen medizinische und juristische Hilfen vermittelt werden. Daneben sollen Flüchtlinge auch beherbergt werden, bis sie sich über ihre weiteren Pläne klar geworden sind. Freiburg liegt im Dreiländereck Deutschland- Frankreich-Schweiz, über das nicht wenige Flüchtlinge nach Deutschland einreisen.

Bei einem derartigen Konzept besteht natürlich die Gefahr, daß es auch als „Anlaufstelle“ für Polizei und Ausländerbehörden dient. Die InitiatorInnen verweisen jedoch auf andere soziale Projekte, die sich ebenfalls an der Grenze zur Legalität bewegten, von der Polizei aber mehr oder weniger toleriert würden, etwa Wohnprojekte für jugendliche Ausreißer.

In nächster Zeit wird es vor allem darum gehen, politische Mehrheiten für das Projekt zu schaffen. Ein konkretes Haus haben die Initiativen schon im Auge. Das örtliche Bezirkssammellager ist von Schließung bedroht, weil die offiziellen Flüchtlingszahlen stark zurückgegangen sind. Nach derzeitigen Plänen der Stadt sollen die Häuser, ehemals französische Kasernengebäude, später abgerissen werden.

In Zusammenarbeit mit dem Freiburger „Mietshäuser-Syndikat“ wollen die Initiativen nun „Haus 49“, die jetzige Kantine des Sammellagers, kaufen. Das Mietshäuser-Syndikat besitzt und verwaltet in Freiburg bereits mehrere alternative Wohn- und Sozialprojekte. Die Gelder stammen aus zinsgünstigen Darlehen der links- alternativen Freiburger Mittel- und Oberschicht. Dabei soll das Projekt auch benutzt werden, um die Situation illegaler Flüchtlinge in Freiburg zu thematisieren. Schätzungen zufolge leben in Deutschland rund 500.000 „Illegale“. Christian Rath

Kontakt: Mietshäuser Syndikat, Adlerstr. 12, 79098 Freiburg, Tel 0761 / 28 18 92