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Vertraglich begeistert

■ IG Metall für härtere Tarifpolitik

Die Beschäftigten der norddeutschen Metallindustrie sind für eine härtere Tarifpolitik. Das ist das Ergebnis einer bundesweit einzigartigen Abstimmung der IG Metall im Bezirk „Küste“. Sie befragte rund 35.000 Angestellte in 122 Betrieben. Dabei plädierten 87 Prozent der Nordlichter für eine härtere Tarifpolitik in Form von betrieblichen Ergänzungsverträgen zu den Allgemeintarifen. 93 Prozent glauben nicht, daß Tarifverträge Schuld sind an der hohen Arbeitslosigkeit.

„Wir sehen uns auf dem Weg zu mehr Betriebsnähe voll bestätigt“, freute sich gestern Bezirksleiter Frank Teichmüller. Er gilt als Verfechter einer neuen Tarifpolitik, deren Schwerpunkt auf betrieblichen Ergänzungsverträgen liegt, für die auch gestreikt werden kann.

Mit ihrer Zustimmung stärkte die Gewerkschafts-Basis Teichmüller überraschend deutlich den Rücken. Im IG Metall-Apparat ist der Kurs des Nord-Chefs weiterhin umstritten: konservative Kräfte sehen in betrieblichen Einzelaktionen eine Verletzung der Friedenspflicht und fürchten Regressansprüche.

Dabei ist sich Teichmüller durchaus bewußt, daß diese Form der Tarifpolitik eine Gradwanderung zwischen Ablehnung und Zustimmung der Basis bedeuten kann. Ein Beispiel dafür ist der Ergänzungstarif im Finkenwerder Dasa-Airbuswerk. Als der Auftragsboom einsetzte, bekam Dasa mangels Personal heftige Kapazitätsprobleme. In einem Kontrakt stimmte die Gewerkschaft daraufhin einem Mehrarbeits-Schichtmodell zu, das „Murren“unter der Belegschaft ausgelöst habe.

„Wenn im Tarifvertrag „35“steht, wollen die Leute auch nur 35 Stunden pro Woche arbeiten“, so Teichmüller. Die IG Metall habe aber durch den befristeten Arbeitszeitdeal „eine Garantie zur Einstellung von 480 Leuten“durchsetzen können. Insgesamt acht Ergänzungstarifverträge hat die Gewerkschaft inzwischen abgeschlossen.

Kai von Appen

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