Bremer Polizei ist pleite

■ Borttscheller will 2,8 Millionen sparen / Beamte bringen ihre privaten Computer mit auf die Wache / Handies und Telefone werden abgeschafft

Ein Polizist geht im Steintorviertel auf Streife. Plötzlich stürzt ein bewaffneter Mann aus einem Geschäft. Der Polizist will Verstärkung anfordern - er hat aber kein Funkgerät bei sich. Wenn die Sparmaßnahmen von Innensenator Ralf H. Borttscheller (CDU) umgesetzt werden, sieht Manfred Offermann, Vorsitzender des Polizei-Personalrates für die Verbrechensbekämpfung in Bremen schwarz. „Die Kriminellen sind heute schon besser ausgestattet als die Polizei. Die haben bessere Funkgeräte und Handies als wir.“

2,81 Millionen Mark will Borttscheller 1998 bei der Polizei einsparen. Um diese Sparquote zu erreichen, werden keine neuen Streifenwagen mehr gekauft, zehn Prozent aller Telefone und ein Viertel aller Handies werden abgemeldet. Bomben sollen grundsätzlich nur noch entschärft werden, wenn „gegenwärtige erhebliche Gefahren abgewehrt werden müssen“. Dienstreisen werden nur noch im Einzelfall genehmigt, die Aus- und Fortbildungsmaßnahmen werden auf die Hälfte reduziert. „Die Sparmaßnahmen kommen einer Bankrotterklärung gleich“, schimpft Offermann. Er fühlt sich von Borttscheller im Stich gelassen. „Der Senator sagt immer, er tut alles für die Polizei, und jetzt sowas.“

Ursprünglich sollte bei der Polizei für zwei Millionen Mark investiert werden. „Wenn wir jetzt 2,8 Millionen einsparen sollen, kann man sich ja vorstellen, daß kein Pfenning investiert wird“, so Offermann. Darunter leiden vor allem die Polizistinnen. Die Umbaupläne für die sanitären Anlagen seien zum Beispiel geplatzt. Auf einigen Revieren, wie zum Beispiel auf der Wache Innenstadt, könnte deshalb keine Frauen eingesetzt werden. Die Umkleidekabinen seien schlichtweg zu eng. Außerdem teilten sich 110 Beamte zwei Toiletten. Offermann: „Selbst die Frauenbeauftragte, die immer der Meinung war, die Männer würden nur keine Polizistinnen auf der Wache haben wollen, hat die Hände über den Kopf zusammengeschlagen.“

Auch das tägliche Handwerkszeug ließe zu wünschen übrig. Mechanische Schreibmaschinen aus den 60er Jahren, mit denen Anzeigen und Berichte geschrieben werden, seien in Bremer Polizeirevieren keine Seltenheit. Bei der Kripo und der Schutzpolizei bringen sich die Beamten ihre PC deshalb von Zuhause mit. 65 private Computer sind mittlerweile im Einsatz.

„Einen Computer zu haben, ist natürlich schön“, räumt Annegret Stoltenberg, Sprecherin von Innensenator Borttscheller, ein. Doch auch eine mechanische Schreibmaschine sei „durchaus zumutbar“. „Das ist kein Rückschritt ins Mittelalter“, findet sie. Die Beamten müßten sich die vorhandenen Computer halt teilen. Auch wenn der Einsatz von mechanischen Schreibmaschinen „nicht im Trend der Zeit“läge, sei die innere Sicherheit Bremens durch die Sparmaßnahmen nicht gefährdet, versichert Stoltenberg. „Die Einsparungen sind schmerzhaft, aber keinesfalls dramatisch.“Außerdem habe das Innenressort 54 neue Polizeifahrzeuge angeschafft und 80 Stellen geschaffen. Das Szenario mit dem Polizisten ohne Funkgerät hält sie für übertrieben. „Kein Polizist wird ohne Funkgerät auf Streife gehen.“Dem Argument des Personalrats, daß Straftäter technisch besser ausgerüstet seien, hat Stoltenberg nichts entgegenzusetzen. „Das ist sicherlich so. Aber die sind finanziell auch besser ausgestattet.“ kes