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Richtige Nachrichten

■ "Logo" erklärt Zwölfjährigen das Ende der RAF und 10jährigen Aids. Doch das ZDF schubste die Sendung, die nun zehn wird, nur herum

Nein, aufgewachsen ist Peter Hahne nicht mit „logo“. Im Gegensatz zu Carolin (10), Robert (12), Kristin (13) und Martin (14). Peter Hahne arbeitete schließlich schon beim „Heute-Journal“, als die ZDF-Chefredaktion ihn vor zehn Jahren beauftragte, „das Ding“ ein Jahr lang mit aufzubauen und zu moderieren. Aber, sagt er, professioneller sei er durch die Aufgabe geworden: „Das Tolle bei ,logo‘ war unter anderem, daß man komplizierte Sachverhalte besonders einfach erklären und mit Fremdwörtern sehr vorsichtig sein mußte.“ Hahne weiter: „Heute sage ich noch zu meinen Kollegen, wenn sie mir komplizierte Texte auf den Tisch legen: Hättet ihr mal bei ,logo‘ gelernt!“

Susanne Müller, Erfinderin und erste Redakteurin, erklärt: „Es ging darum, wie man Kinder für Nachrichten interessiert, und das bedeutet, Dinge einfach zu erklären.“ Auf daß man sie zu mündigen Bürgern erziehe.

Die Aufgabe ist also keine andere als bei „richtigen“ Nachrichten. Die Mittel, derer sich „logo“ in seinen fünf bis zehn Minuten dafür bedient, sind seit jeher die gleichen: bunte und kinderfreundliche Grafiken, eine angenehm langsame Sprache, zum Einstieg leicht verdauliche Beiträge über Popstars oder Tiere und junge, lustige ModeratorInnen in ganz normalen Klamotten.

Außerdem kommt einmal im Monat ein „logo“-Spezial, wie am 30. April zu „50 Jahre Israel“. Um zu zeigen, daß Kinder sich Politik nicht hilflos ausgeliefert sehen müssen, gibt's die Redezeit. Da können Kinder Politiker zur Rede stellen, zum Beispiel wegen Verkehrsproblemen vor der Schule, der Ausweisung der bosnischen Freundin oder der durch Stromkabel bedrohten Störche im Dorf.

Das Schwierigste für die Redaktion ist dabei der ewige Spagat zwischen „einfach darstellen“ und gleichzeitig „Hintergründe erklären“. „Das klappt leider nicht immer“, sagt Redaktionsleiterin Eva Radlicki. Man brauche auch „Mut, Setzungen zu machen. Wir können nicht in zwei Minuten die ganze Welt erklären.“

Daß „logo“ trotz der extremen Veränderungen der Medienlandschaft in den vergangenen zehn Jahren nun das Alter seiner Zielgruppe, das der 9- bis 13jährigen, erreicht hat, ist für Susanne Müller ein Zeichen, „daß sich in Sachen Kinderkultur ein bißchen was bewegt hat“.

Dementsprechend gibt es beim ZDF zwar ein Bekenntnis zu „logo“ – zumal die Sendung auch als Aushängeschild fungiert und man in den „logo“-Guckern von heute natürlich auch die „Heute“- Seher von morgen erkannt hat. Andererseits sind Einschaltquoten aber auch beim ZDF das Wichtigste. Und so wurde mit der Abschaffung des Kinderprogramms in der Woche seit März auch „logo“ in den für viele Kinder nicht empfangbaren Kinderkanal abgeschoben. Im ZDF gibt's nur noch die Wochenzusammenfassung sonntags um neun.

Wegen dieser Entscheidung wird der Geburtstag nun auch mit dreimonatiger Verspätung gefeiert. Eigentlich wäre der nämlich am 25. Januar gewesen. Weil die Verantwortlichen bei einer Feier aber die Peinlichkeit scheuten, noch einmal auf die Auslagerung aufmerksam zu machen, wurde besser gleich eine Feier vor dem Hintergrund vollendeter Tatsachen angeordnet.

Auch sonst war der Umgang des ZDF mit der mehrfach ausgezeichneten Sendung eher nachlässig: Der Sendeplatz wurde in den letzten zehn Jahren zum Beispiel 21mal verschoben. Das Herumgeschubse war der Quote natürlich nicht eben förderlich. In den letzten zwei Jahren lag der Gesamtmarktanteil zwischen drei und sieben Prozent, was auch die Erwachsenen miteinschließt. 80.000 bis 270.000 ZuschauerInnen unter 13 hatte „logo“ also ungefähr beim ZDF.

Beim Kinderkanal hat „logo“ jetzt mit 17.30 Uhr zwar seine Wunschsendezeit. Dafür ist die Sendung nicht mehr live, was für eine Nachrichtensendung eigentlich ein Witz ist. „Um die Zeit laufen im Haus schon die Erwachsenennachrichten, und die nehmen sich wichtiger, so daß wir kein Studio mehr bekommen können“, erklärt Eva Radlicki. Das soll sich aber im Sommer wieder ändern, werde ihr versichert.

Das Hauptproblem vorläufig: Viele Kinder wissen nicht, wo „logo“ abgeblieben ist. So wie die taz-Testgucker Carolin, Robert, Kristin und Martin. Klar kannten sie die Sendung, haben sie auch oft geguckt – als sie im ZDF lief. Carolin, so alt wie „logo“: „Ich mag das Zebra so gerne, das immer über den Bildschirm zippelt und die Filme hinter sich herzieht.“ Kristin fand die Tiersachen auch am interessantesten, den Beitrag über die Auflösung der RAF hielt sie jedoch für zu kompliziert. Robert und Martin hingegen fanden diesen Beitrag am interessantesten und meinten beide: „Natürlich wollen Kinder wissen, was so in der Welt passiert.“

Das sagen auch die MacherInnen, die „tütelige Bewahrpädagogik“ scheuen. Je besser Kinder Bescheid wüßten, desto weniger Angst hätten sie. „Zum Glück gibt es keine Tabuthemen“, sagt Eva Radlicki. Im Gegensatz zur BBC, wo die Kollegen niemals wie „logo“ Beiträge über Aids oder Kindesmißbrauch senden dürften.

Froh ist die Redaktionsleiterin über die Begeisterung vieler ZDF- Reporter für „logo“: Wie zum Beispiel Korrespondent Thomas Euting in Tokio, der nicht nur für „logo“ arbeiten will, sondern auch muß. Legen ihm seine zwei Söhne doch immer wieder Artikel aus der Tokio-Times auf den Frühstückstisch mit dem Hinweis „Gute ,logo‘-Story!“ Ania Mauruschat

Geburtstagssendung: Samstag, 15 Uhr, ZDF; „logo“: Montag bis Freitag, 17.30 Uhr, Kinderkanal; Sonntag 9 Uhr, ZDF

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