: Prima, Graue Panther! Von Thomas Gsella
Es mag schon ein paar Tage oder Wochen her sein, ich hätt's gern vergessen, dingsverachtend, wie der Vorfall ist: Ein Fred Kogel, irgend so ein Erbe oder Eigner oder Programmchef der kommerziellen Fernsehfirma SAT, hatte angekündigt, einen Teil der offerierten Werbesendungen und -krimis und -formate oder wie das heißt zu kappen und aus dem Katalog zu nehmen – wie man hört, auch einen „Bergdoktor“ zum Beispiel oder „Glücksrad“ oder „Bitte melde dich“ einschließlich „Katzen suchen Herrchen“ oder was; es war dann auch die Begründung öffentlich zu lesen: Grad dieser Mist sei eben Lieblingszucker shoppingfauler Rentner und vergleichbar Baldverscheidender, und die Werbewirtschaft von „Rufen Sie jetzt an!“ bis hoch hinauf zu Audi, Grundig oder Pattex würde eben einen Scheiß tun und ihre tüftelreichen Warenclips in die Schädel prämortaler Stubenhocker reinverpulvern, so sinngemäß der SAT-Bedienstete – doch da hatte Kogel sich dann einerseits vertan und schlodderig recherchiert, andererseits seine Rechnung ohne all die aufmerksamen Kritiker und Wächter versus „Menschenverachtung“ (ARD) gemacht!
Ein Sturm der Entrüstung kam jedenfalls auf und tobte durch Mediengermany; sogar die erstbetroffenen Kreise waren unangenehm berührt und stellten richtig: Derart scheiße contra Shopping eingestellt seien Opas/Omas heutzutage nicht per se: „Die Auffassung“, so Volker Nickel vom Zentralverband der Werbewirtschaft, „das junge Publikum sei am zahlungskräftigsten, ist völlig falsch. Das meiste Geld haben ältere Menschen in der breiten Mittelschicht“, da brauche Kogel sich man gar nicht so zu schämen, er habe schon ganz gutes Material am Wickel. Das war natürlich oberpeinlich. Zumal auch weitere sehr kritische TV-Experten Kogel korrigierten: Grade Alte täten doch ihr Bestes, säßen „mit deutlich über 200 Minuten“ (Lutz Hachmeister) deutlich klebriger vorm Warenschirm als Junge mit höchstens 120 Minuten täglich; und auch ein Friedrich Klotz, wissenschaftlicher Referent am Hamburger Hans-Bedrow-Institut für Medien, lobte die Anstrengung der Alten und zu Unrecht Diffamierten, dem von SAT in sie investierten Vertrauensvorschuß nach Kräften zu entsprechen und ihn zurückzuzahlen: Mittlerweile seien sogar „alte Frauen offener für Informationen und bewegen sich freier in der Gesellschaft“ des Groß- und Einzelhandels. – Das saß.
Die triftigste, härteste und geradezu vernichtendste Kritik und Richtigstellung erfolgte allerdings, was Wunder, seitens Christa Aulenbachers vom Seniorenschutzbund Graue Panther: Auf einen privaten Sender, so die 56jährige, der naturgemäß auf nix als auf Profit aus sei und alle Zuschauer herausschmeiße, von denen er vermutet, daß sie nicht gleich nach jeder Unterbrechung in die Läden fallen, um sich den annoncierten Dreck zu schnappen – auf eine solche Firma könne man ja sowieso moralisch und ganz allgemein verzichten, ja seniorenschutzbundstark drauf scheißen! Bzw., wörtlich: „Die Älteren sind ein wachsender Markt, sie wollen sich, jetzt, da die Kinder aus dem Haus sind, etwas gönnen. Sie sind flexibel, interessieren sich für neue Dinge und wechseln auch die Marke.“
Tz, tz, unsre Panther: Sie lassen sich einfach nicht unterkriegen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen