: Gericht spricht Angeklagte im Fall Käthe Ebner frei
■ Den vier angeklagten Bauarbeitern sei keine Schuld im Fall der 1995 von einem Stahlträger in der Friedrichstraße erschlagenen Malerin nachzuweisen. Nun soll der Bauleiter vor Gericht
Der Tod der Malerin Käthe Ebner bleibt juristisch vorerst ungeklärt. Mit einem Freispruch für vier angeklagte Bauarbeiter endete vorgestern das erste Verfahren im Fall der 28jährigen, die 1995 von einem Stahlträger in der Friedrichstraße erschlagen worden war.
Ein Kranführer, zwei Einweiser und ein Polier waren der fahrlässigen Tötung und des Verstoßes gegen allgemeine Sicherheitsvorkehrungen angeklagt. Eine Pflichtwidrigkeit sei nicht festzustellen, begründete das Gericht nun den Freispruch. Der Anwalt der Eltern von Käthe Ebner kritisierte hingegen den „unbefriedigenden Ablauf“: Es seien lediglich ein Ermittler der Polizei, zwei Zeugen und ein Vertreter der Bau- und Berufsgenossenschaft angehört worden, der der Baustelle „solidarisch“ eine vorbildliche Führung attestiert habe. Die anwesenden Sachverständigen habe das Gericht hingegen nach sieben Stunden Verhandlung wieder nach Hause geschickt, ohne daß diese angehört worden seien.
Käthe Ebner war am 26. September 1995 an der Friedrichstraße ums Leben gekommen. Die Malerin wurde gegen 18 Uhr von einem herabstürzenden Stahlträger der Baustelle „Kontorhaus Mitte“ erschlagen, als sie mit ihrem Fahrrad die U-Bahn-Station Stadtmitte in der Mohrenstraße verließ. Der 200 Kilogramm schwere Träger war Teil einer Kranmatratze, die per Kran von der Friedrichstraße über den Rohbau hinweg in die Mohrenstraße transportiert werden sollte.
Doch der genaue Hergang konnte bis heute nicht geklärt werden: Zeugen am Unfallort hatten damals Versäumnisse der Polizei bei der Spurensicherung festgestellt und ihr Unprofessionalität vorgeworfen. Fraglich war auch, ob ein oder zwei Kräne an dem Lastentransport beteiligt waren und ob die Fracht über öffentliches Straßenland geführt worden war. Doch bevor diese Fragen geklärt werden konnten, war bereits einer der beiden Kräne demontiert.
Der Investor, die Hamburger Hanseatica, hatte damals jede Schuld von sich gewiesen. Doch Rechtsanwalt Lothar C. Poll, der Käthe Ebners Eltern vertritt, wollte auch die Bauherren zur Verantwortung ziehen – vor allem Markus Feicht, den Bauleiter der „Arbeitsgemeinschaft Kontorhaus“, der die Anweisung zum Transport gab. Ihm müsse bekannt gewesen sein, daß die Last instabil war, meinte Poll unter Berufung auf ein TÜV-Gutachten. Mehrmals hatten Zeugen beobachtet, wie am Kontorhaus Mitte Lasten über öffentliches Straßenland ohne dessen Absperrung transportiert worden waren – einmal kurze Zeit vor dem Unglück, ein andermal einige Wochen später. Darauf angesprochen, hatte Bauleiter Feicht jedoch nur beschwichtigt: „Da kommt doch ohnehin kein Fußgänger vorbei.“
Staatsanwaltschaft und Nebenklage überlegen nun, ob gegen das Urteil Berufung eingelegt werden soll. Nach Aussagen des Rechtsanwalts der Nebenklage erwägt die Staatsanwaltschaft außerdem, gegen den Bauleiter Markus Feicht Anklage zu erheben. Ulrike Steglich
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen