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Haft für Berliner Türkin

■ Güllü Selcuk wurde in Istanbul zu fast vier Jahren Haft verurteilt. Revision angekündigt

Die Berliner Türkin Güllü Selcuk ist in Istanbul wegen angeblicher Unterstützung einer terroristischen Vereinigung zu einer Haftstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt worden. Dies teilte die Berliner PDS gestern mit. Da Selcuk Revision eingelegt habe, müsse sie vorerst jedoch nicht ins Gefängnis. Selcuk ist Mitarbeiterin im Solidaritätskomitee der „Samstagsmütter“, einer Gruppe von Frauen, die in Istanbul regelmäßig gegen das „Verschwinden“ von Oppositionellen demonstriert.

Im Sommer 1997 hatte sie mehrere Wochen Urlaub in der Türkei gemacht. Bei ihrer Rückreise am 29. Juli war sie zusammen mit ihren beiden Töchtern auf dem Fluhafen von Istanbul verhaftet worden. Sie trug ein Video sowie Fotos von einem Begräbnis bei sich, die sie für eine Ausstellung über die Samstagsmütter in Berlin verwenden wollte. Türkische Behörden werteten dies als Propagandamaterial. Die kurz darauf freigelassenen Töchter berichteten später von schweren Mißhandlungen ihrer Mutter während der Verhöre.

Nach Angaben von Giyas Sayan, migrantenpolitischer Sprecher der Berliner PDS-Fraktion, hätten sich Menschenrechtsgruppen vor Ort sehr über das harte Urteil empört. Die Länge der Haftstrafe sei offensichtlich darauf zurückzuführen, daß Selcuk ihrerseits Anzeige gegen ihre Peiniger erhoben habe, so Sayan. Selcuk war im Dezember vorläufig freigelassen worden, nachdem der Hauptvorwurf der „Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung“ fallengelassen worden war. Sie mußte aber in der Türkei bleiben.

Die Berlinerin wird von den Gerichten als Türkin behandelt, obwohl sie bereits 1992 aus der Türkei ausgebürgert worden war und die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen hat. ga

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