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Der Kongreß hätte den Euro abgelehnt

■ Welches Image hat der Euro in Amerika? Die USA tun sich schwer mit der Globalisierung, als deren Verfechterin sie sich bei jeder Gelegenheit gebärden. Aber der Euro an sich ist ihnen egal

Washington (taz) – Jeanette Mora ist Anlageberaterin bei Citicorp – jener Börsenmaklerfirma, die im April mit Amerikas größter Versicherungsgesellschaft Travelers zu einer der stärksten Finanzinstitutionen des Landes fusionierte. Sie hat noch nicht darüber nachgedacht, was der Euro für amerikanische Geldanleger bedeuten wird. Und wenn Citicorp sich etwas überlegt hat, dann ist das bestimmt nicht öffentlich.

Bob Hurd ist Direktor der ehemaligen Continental Illinois Bank in Chicago, die vor zwei Jahren mit der Bank of America fusionierte, die sich wiederum im April dieses Jahres mit der Nations Bank zum größten Geldinstitut Amerikas zusammentat. Der Euro? Oh, da windet er sich, wenn er dazu etwas sagen soll. Aber er hat im Wall Street Journal gelesen, der Euro werde gut für den Dollar sein.

Amerika tut sich schwer mit jener Globalisierung, als deren Verfechterin sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit auftritt. Wenn der amerikanische Kongreß über den Euro zu bestimmen hätte, würde er ihn wahrscheinlich ablehnen – nicht, weil er gegen die eigene Interessen verstößt, sondern weil er irgendwie inter- und supranational ist. Die offizielle Reaktion aber ist positiv. Clinton begrüßte die Entscheidung der EU vom Wochenende.

„Der Dollar wird noch die nächsten 20 Jahre den internationalen Handel dominieren“, erklärt Jeffrey Frankel, Mitglied des amerikanischen Wirtschaftsrats. Allein die weltweite Verbreitung des Dollars als Cashwährung bei der russischen Mafia, den Drogenkartellen Lateinamerikas oder auch bei honorigeren Geschäftsleuten summiere sich auf einen zinslosen Kredit in Höhe von jährlich 16 Milliarden Dollar. Und als Leitwährung „finanziert der Dollar seit 15 Jahren Amerikas Handelsbilanzdefizit“, rechnet der Wirtschaftswissenschaftler Lester Thureau vor. Amerikaner können Kredite in beliebiger Höhe aufnehmen und Dollarschuldscheine dafür ausstellen, bei deren Rückkauf sie sich um Wechselkursschwankungen nicht zu kümmern brauchen und wofür sie das nötige Geld zur Not selber drucken können.

Diese schönen Zeiten könnten vorbei sein, wenn der Euro nun dem Dollar Konkurrenz macht. Denn er wird können, was keine nationale Währung kann: die gewaltigen Dollarmengen aufnehmen, die als Reserven auf der Welt lagern. So nimmt man an, daß Saudi-Arabien einen Teil seiner Devisenbestände in Euro halten und ein Teil seines Öls in Euro auspreisen wird.

Das muß nicht schlecht sein, denn die starke Stellung des Dollars bereitet auch den Amerikanern Probleme. Sie drückt auf amerikanische Exporte.

Andererseits versprechen sich amerikanische Firmen Exporterleichterungen davon, daß sie nun Europa als einheitlichen Absatzmarkt mit einer einheitlichen Währung ins Auge fassen können.

Vor allem aber haben sie ein lebhaftes Interesse an der Umsetzung ökonomischer Reformen in Europa. Größte Sorge bereitet den Amerikanern die hohe Arbeitslosigkeit, weil sie amerikanische Exportmöglichkeiten beschränkt.

Und just da melden sich wieder die Skeptiker zu Wort: Der Euro kann für Europa gar nicht sein, was der Dollar für Amerika ist. Regionale Disparitäten könnten in Europa nicht allein durch die Existenz einer europäischen Währung ausgeglichen werden. Statt dessen stehe zu befürchten, daß fiskalische Maßnahmen gegenüber sozialen dominieren.

Für IBM ist der Euro eine besondere Herausforderung, die zeitgleich mit dem Jahrtausend-Bug zu bewältigen ist. Ab 1999 nämlich müssen Geldbeträge in zwei Währungen ausgewiesen werden. Dafür braucht man zum einen eine neue Software. Es müssen aber auch neue Keyboards her. Wo wird das Zeichen für den Euro sein? Wahrscheinlich auf Alt E – in England wahrscheinlich auf Shift 5. Peter Tautfest

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