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Wer verdächtig ist, entscheidet der Beamte allein

■ Streit in der Koalition über Personenkontrollen: FDP ist dagegen, daß jedermann auf Bahnhöfen auch ohne konkreten Verdacht vom Bundesgrenzschutz kontrolliert werden kann

In der Koalition bahnt sich ein neuer Streit über die von der CDU geplanten sogenannten verdachtsunabhängigen Kontrollen an. Danach soll der Bundesgrenzschutz auf Bahnhöfen jedermann ohne konkreten Verdacht anhalten und kontrollieren dürfen. FDP-Politiker wie Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Burkhard Hirsch lehnen diese Regelung ab.

Die CDU will ein entsprechendes Gesetz noch vor der Bundestagswahl verabschieden. Bislang darf der Bundesgrenzschutz verdachtsunabhängige Kontrollen lediglich in einem 30-Kilometer- Streifen entlang der deutschen Außengrenzen durchführen. Das geplante Gesetz sei mehr als problematisch, sagte Frau Leutheusser. Es laufe darauf hinaus, „Vorurteile gegen Andersfarbige zu legitimieren“. Schließlich sei nicht schwer zu erraten, welcher Personenkreis künftig kontrolliert werde. Es könne nicht sein, daß die CDU so kurz vor der Wahl in Gesetzgebungsaktivismus verfalle. Der Vorsitzende der Jungliberalen, Michael Kauch, bezeichnete das Gesetzesvorhaben als „Weg in den Überwachungsstaat“. Die persönliche Freiheit sei stark eingeschränkt, wenn Menschen nicht mehr unkontrolliert über den Bahnsteig laufen könnten.

Leutheusser und Hirsch sehen eine Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag auf ihrer Seite. Danach haben die Koalitionspartner 1994 beschlossen, vor dem Erlaß neuer Gesetze auszuwerten, wie sich die bisherigen Gesetze im Bereich des Straf- und Strafprozeßrechts bewährt haben. Diese Auswertung ist bisher nicht erfolgt. Frau Leutheusser wirft Innenminister Manfred Kanther vor, sich diesbezüglich keine Mühe gemacht zu haben.

Die FDP-Fraktion will sich Ende des Monats entscheiden. Als Grundlage will die Fraktion die Erfahrungswerte derjenigen Bundesländer auswerten, die bereits verdachtsunabhängige Kontrollen durchführen, wie Bayern, Baden- Württemberg und Sachsen. In den genannten Ländern darf die Polizei auch an Hauptverkehrsstraßen ohne Verdacht kontrollieren. Der Fachbegriff dafür lautet Schleierfahndung. In Hessen konnte sich Innenminister Gerhard Bökel (SPD) am Dienstag nicht damit durchsetzen, die Schleierfahndung ohne konkrete Verdachtsmomente einzuführen.

Innerlich gespalten ist der innenpolitische Sprecher der FDP, Max Stadler. Skeptisch stimme ihn, daß das geplante Gesetz einen Schritt zu mehr polizeilicher Kontrolle bedeute. Der alte polizeirechtliche Grundsatz, erst bei Verdachtsmomenten einzugreifen, werde aufgeweicht. Andererseits, so Stadler, seien verdachtsunabhängige Kontrollen nichts Ungewöhnliches. An den Grenzen seien sie selbstverständlich. Seit dem Wegfall der Grenzkontrollen an den Binnengrenzen der EU im Zuge des Schengener Abkommens müßten die Kontrollen statt dessen eben ins Inland verlagert werden. Diesem Argument könne man schlecht etwas entgegensetzen. Michael Kauch hält das allerdings für eine „Bankrotterklärung der Außengrenzen“.

Andere in der FDP halten die Aufregung um das Gesetzesvorhaben für übertrieben. „Die kontrollieren eh schon“, heißt es. Zwar sei dafür bislang der Verdacht einer Straftat Voraussetzung, aber ob der Beamte einen Verdacht hege oder nicht, das bestimme er allein. Markus Franz

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