piwik no script img

Von fünfzig aufwärts

New Generation in Hamburg: Eine geistige Bewegung von und für ältere Menschen, die Eigeninitiative entwickeln wollen  ■ Von Ilonka Boltze

„Ein Brunch im „Vier Jahreszeiten“? Auch nicht schlecht.“ Marianne Billert wägt ab. Ein Dutzend Frühstückscoupons wurden ihr gerade telefonisch angeboten. Ein Jahr nach ihrer Frühpensionierung sitzt die ehemalige Sekretärin erneut im Büro, diesmal ehrenamtlich als Vereinsmitglied von „New Generation“. Jeden Donnerstag nimmt die agile 60jährige bei der „gemeinnützigen Einrichtung für Menschen ab Fünfzig“ Anfragen und Veranstaltungstips entgegen und organisiert, was ihr selbst Spaß macht und wo sie noch dazulernen möchte: Kulturelle Veranstaltungen von Stadtrundgängen auf Heines Spuren über Museumsbesuche und Englischkurse bis hin zur Teeprobe in der Speicherstadt.

Bei so manchem mag der Name New Generation Assoziationen zur New Age-Bewegung wecken, doch damit hat der Verein nichts am Hut. 1994 wurde New Generation von Michel-Pastor Helge Adolphsen und Hermann Rauhe, dem Leiter der Hamburger Musikhochschule, ins Leben gerufen. „Fünfzig aufwärts“ war die Zielgruppe, eine Altersgruppe, in der nach Ansicht der beiden Gründungsväter viele Menschen in ähnlichen Lebenslagen stecken: Meist sind die Kinder aus dem Haus, der Beruf verläuft in festen Bahnen oder ist bereits beendet, und neue Herausforderungen fehlen. New Generation versteht sich daher nicht als Freizeitprogramm, sondern als „geistige Bewegung von und für Menschen, die Eigeninitiative entwickeln wollen“.

„Bei uns sind zahlreiche frühpensionierte Mitglieder, die sich dagegen wehren, aufs Altenteil abgeschoben zu werden“, erklärt Geschäftsführer Michael Ohnimus, der mit 33 Jahren eigentlich noch viel zu jung ist. 2.500 Mitglieder zählt der Verein inzwischen. Fast die Hälfte von ihnen ist jünger als sechzig und noch berufstätig. Das umfangreiche Programm, das von Bildung bis hin zum Sport reicht, wird von den Teilnehmern selbst entworfen, die häufig auch ihre beruflichen Beziehungen spielen lassen. Eigeninitiative ist erwünscht, aber nicht Bedingung.

„Ich habe gute Kontakte zum museumspädagogischen Dienst“, erzählt Marianne Billert. Die nutzte sie und bot der neuen Generation ihres Vereins eine Museumsrallye durch das Museum für Hamburgische Geschichte. „In jedem Raum hatten wir einen anderen „Störfaktor“ versteckt. Mal war es ein Bierkrug im Saal der Siegerkränze, dann eine Kokosnuß hinter den Kanonen. Ein Quiz zur Hamburgischen Geschichte und das anschließende Kaffeetrinken in den Seeterrassen bei Planten und Blomen rundeten die Rallye ab.

Angebot und Programm des Vereins wachsen über das Engagement und die Interessen der Mitglieder. Zwei Festangestellte stellen alle Termine für die vierteljährliche Programmzeitschrift des Vereins zusammen. Viele Mitglieder klagen dennoch über die Anonymität in der Großstadt Hamburg. Grund genug für New Generation, in Stadtteilgruppen inzwischen auch auf regionale Interessen einzugehen. In Bergedorf, Harburg, Blankenese und der City gibt es bereits solche Gruppen. „Da herrscht meist eine ganz intime Atmosphäre“, sagt Marianne Billert. Man kennt sich eben. Allerdings blieben die Frauen dort meist unter sich. Ein typisches Phänomen bei New Generation, denn Männer sind rar bei den Veranstaltungen – achtzig Prozent der Mitglieder sind Frauen. Und die kümmern sich auch darum, daß der New Generation-Funke auf andere Städte überspringt. In Stade, Lüneburg und Buxtehude haben sich bereits erste Ortsgruppen gebildet. Vielleicht der Anfang einer Bewegung von Menschen, die nicht mehr nur als Rentner oder Großeltern abgestempelt werden möchten.

New Generation, Osterbek-straße 90c, Alster City/Barmbek-Süd, Tel.: 27 81 67 27.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen