■ Hertha vor dem letzten Spiel der Saison
: Hausfrieden gefährdet

Hertha BSC gibt sich alle erdenkliche Mühe, dem letzten Heimspiel der aktuellen Saison einen sportlichen Sinn abzuringen. „Wir wollen uns den Fans noch einmal in sehr guter Verfassung präsentieren und einen einstelligen Tabellenplatz schaffen“, verspricht Trainer Jürgen Röber vor der heutigen Partie gegen den MSV Duisburg. Denn beide Kontrahenten können weder Meister werden noch absteigen. Rund 50.000 Zuschauer wollen dem Berliner Aufsteiger, der als Neuling die Eliteklasse halten konnte, trotzdem „Auf Wiedersehen“ sagen.

Wir haben eine bewegte Saison hinter uns und konnten unser Ziel Klassenerhalt erreichen“, meint Manager Dieter Hoeneß. Er sagt es eher beschwichtigend denn im Brustton der Überzeugung. Hoeneß weiß nur zu gut, daß das wahre Finale den Herthanern erst noch bevorsteht.

Am Montag auf der Vollversammlung des Vereins muß die blau-weiße Führung der traditionell unruhigen Basis Rede und Antwort stehen. Und im ICC (das ursprünglich angemietete Hotel in Siemensstadt erwies sich als klein) wird es turbulent zugehen.

Der Paukenschlag, den sich Herthas Aufsichtsratsvorsitzender Robert Schwan beim Auswärtsspiel bei 1860 München leistete („entweder Röber geht, oder ich trete zurück“), hallt den verärgerten Fans noch mächtig in den Ohren. Hoeneß weiß von drei Anträgen vergnazter Vereinsmitglieder, die – fristgerecht eingereicht, was den eisernen Willen des ansonsten anarchischen Unterbaus unterstreicht – den Hausfrieden massiv gefährden.

Es soll sich um Mißbilligungs- beziehungsweise Mißtrauensanträge gegen Schwan sowie Präsident Manfred Zemaitat und dessen Stellvertreter Jörg Thomas handeln. Vorwurf der Inquisitoren im Hertha- Fußvolk gegen die Drei vom Überbau: „Vereinsschädigendes Verhalten“, weil das Trio in geheimer Sache den populären Röber habe wegputschen wollen! „Vielleicht gibt es die Möglichkeit, diese Anträge zurückzuziehen“, stöhnt Hoeneß, der weiteren Flurschaden vom Klub abwenden will. Denn Schwan, der Verbindungsmann Herthas zum Geldgeber ufa, droht mit Rücktritt für den Fall, daß er abgewählt werden sollte.

Aber live vor Ort würde Schwan seinen Rausschmiß ohnehin nicht erleben. Der 76jährige Bayer mit den Allüren eines Alpen-Ajatollahs wird der Versammlung im ICC vorsichtshalber fernbleiben. Jürgen Schulz