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Was ist mit dem Handy?

■ Warum Lothar Matthäus vom DFB-Trainer Vogts in seinen WM-Kader geholt wird

Frankfurt (taz) – Ist Berti Vogts bald nicht mehr Bundestrainer? Es gäbe Gründe, dies anzunehmen. Immer gesetzt den Fall, man verlasse sich auf Vogts' eigene Maximen. „Solange ich Bundestrainer bin“, hatte der DFB-Trainer 1996 selbstsicher gesprochen, „wird Lothar nicht mehr für Deutschland spielen.“ Und nun? Setzte er sich gestern nachmittag in Frankfurt am Main hin und nominierte Lothar Matthäus (37) für den vorläufigen WM-Kader. Was nichts anderes heißt als: Der Rekordnationalspieler wird in Frankreich erleben, was noch kein Landsmann je zuvor erlebt hat – eine fünfte WM.

Warum bricht Vogts seinen heiligsten Schwur und nimmt den Münchner am kommenden Montag mit ins Trainingslager nach Finnland? Zum einen: Libero eins, Matthias Sammer, fällt aus. Zum anderen: Libero zwei, Olaf Thon, scheint zwar rechtzeitig zu genesen – aber wer weiß? Zum dritten: Es gibt nicht viele richtig gute Fußballer in Deutschland. Die EM hat Vogts letztlich gewonnen, weil Sammer besser war als alle anderen. Ein Sammer 96 aber ist Matthäus nicht mehr. Vielleicht hofft Vogts, wenn er Thon und Matthäus addiere, komme Sammer raus.

Man darf annehmen, der DFB- Trainer habe das Risiko kalkuliert, als er sich entschloß, jenen Profi zurückzuholen, den er vor dreieinhalb Jahren auf raffinierte Weise aussortiert hatte. Daß Matthäus nur wieder mitmachen darf, weil er sich „mit den neuen Gegebenheiten“ (Ko-Trainer Bonhof) abzufinden bereit erklärt hat, ist anzunehmen. Aber was ist, wenn im WM-Quartier sein Handy klingelt? Muß er sich nicht dort irgendwann wieder fragen, ob es unbedingt seine besonderen Freunde Klinsmann, Helmer und Thon sind, die das Wort führen müssen? Nimmt Vogts ihm einfach sein Handy weg? Oder hat der jahrelang bewundernswert widerspenstige Kleinenbroicher in letzter Sekunde einen Pakt mit seinem Vorgänger als Bundestrainer, der Bild- Zeitung, geschlossen, um bei der WM einigermaßen den Rücken frei zu haben? Die Springer-Speerspitze Bild und Sport-Bild hat im hartnäckiger Weise Axel Springers Vermächtnis („Die Teilnahme Lothar Matthäus' an der WM, das ist unser Auftrag“) doch noch realisiert. Natürlich hat Matthäus ein solide Rückrunde gespielt, aber wie zuletzt bei Guildo Horn war es ein Bild-Aufmacher („Matthäus muß mit zur WM“), der den Denkprozeß sanft unterstützte. „Nimm den Puma als Leitwolf!“, warb gestern in Zeitungsannoncen Matthäus' Schuhfirma, die eben beim DFB noch genauso isoliert war wie ihr Protagonist. Schlußfrage: Ist Vogts zur „Pack schlägt sich, Pack verträgt sich“-Fraktion übergelaufen? Er scheint zu glauben, er habe keine andere Wahl gehabt. Offenbar hält er Matthäus für ein kleineres Übel als – nicht Matthäus. Peter Unfried

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