: Hauptsache Handarbeit
■ Warum den Kunsthallensanierern Wolfram Dahms und Frank Sieber die Sanierung so gut gelungen ist / Ausstellung in der Galerie Rabus mit vielen Modellen, Skizzen und Plänen
Konservativ sein hat was, macht aber viel Arbeit. Frank Sieber liest die taz und ist zugleich bekennender Konservativer. Jedenfalls was das Häuserplanen angeht: „Wir haben zwar auch Computer und CAD-Programme, aber eigentlich arbeiten wir mit der Hand“, sagt der Architekt, der 1994 als Compagnon in das Büro von Wolfram Dahms eingestiegen ist. Und seither hat Frank Sieber ungezählte Längenmeter Balsaholz gesägt und ebenso ungezählte Quadratmeter Karton geschnitten und – schneiden lassen. Denn bevor Sieber, Dahms und die bis zu zehn MitarbeiterInnen des Büros auch nur einen Stein auf einen anderen setzen lassen, entsteht die Architektur zunächst in imposanten Modellen. Wie imposant und vor allem praktisch sie sind, ist jetzt in einer Ausstellung in der Galerie Katrin Rabus zu sehen.
Gleich an der Eingangstür zur Galerie beginnt der Rundflug. Er führt in die ehemalige Nähwerkstatt der ehemaligen Blusenfabrik an der Findorffer Plantage 13, die übrigens von Dahms und Sieber höchstselbst umgebaut wurde und sich für die Ausstellung in eine Stadt en miniature verwandelt hat. Aus der Vogelperspektive streift der Blick über Schulen, Wohnhäuser und nicht gleich identifizierbare Gebäude, bis er an Modellen von vertrauten Bauwerken hängenbleibt: An der Weserburg zum Beispiel, der Bremer Kunsthalle oder an einem Klotz, der nicht zufällig an einen Altbau der Hochschule Bremen erinnert.
„Das ist der M-Trakt“, erklärt Sieber. Der Altbau an der Langemarckstraße, dessen Dach seit dem Zweiten Weltkrieg fehlt, ist in diesem Modell um zwei Etagen für ein Studentenwohnheim aufgestockt und auch im Innenhof erweitert. 1994 hatten Dahms und Sieber mit diesem Entwurf einen Wettbewerb gewonnen. Doch seit in der Hochschule über einen Umzug nach Bremen-Nord phantasiert wird, liegt das Projekt auf Eis.
Auch außerhalb der Architektenszene bekannt geworden ist das Büro aber durch andere Umbau- und Sanierungsvorhaben. Noch ohne seinen Partner machte Dahms 1988-1991 mit der Verwandlung des alten Kaffeespeichers auf dem Teerhof in das Neue Museum Weserburg den Anfang. Seit der Wiedereröffnung der Kunsthalle im Frühjahr dieses Jahres trägt ein zweites Bremer Museum die „Handschrift“ des Büros Dahms und Sieber, das mit dem Vorle-sungsgebäude an der Uni, der Sanierung des Gutes Landruhe im Menke-Park oder der Maritim-Villa auf dem Grundstück des abgerissenen Senatsgästehauses in Bremen weitere Spuren hinterlassen hat.
Das sprichwörtliche hanseatische Understatement durchzieht beide Realisierungen. Im Gegensatz zu monumental-strengen oder postmodern-divenhaften Museumsbauten wie der Hamburger Kunsthallenerweiterung durch Oswald Mathias Ungers, der Bonner Bundeskunsthalle Gustav Peichls oder Hans Holleins „Tortenstück“ in Frankfurt am Main verzichten Dahms und Sieber auf Ablen-kungsmanöver. Inszenierungen treten zugunsten des Zwecks zurück: Gut belichtete Räume für Kunst zu schaffen. Also verschwindet in der Kunsthalle die moderne Technik hinter den nach historischen Befunden rekonstruierten und folglich wieder farbigen Wänden. Also fügen sich die wenigen Neuerfindungen wie das ovale Loch in der Decke zwischen Erd- und Obergeschoß oder der Lichtschacht neben dem Treppenhaus unaufdringlich ins Bild. Auch in der Weserburg hatte sich das Büro auf wenige spielerische Einfälle wie schräge Mauerdurchbrüche oder versetzte Zwischenebenen in den oberen Etagen beschränkt.
Doch nicht immer ist die Zurückhaltung gewollt. Wäre es nach Dahms gegangen, sähe die Weserburg heute anders aus. Unter den Entwürfen in der Ausstellung, die von der Skizze über das detailgenaue Modell bis hin zur Fotografie des fertiggestellten Gebäudes einen Werkstattcharakter betonen sollen, springt eine Weserburg-Zeichnung regelrecht ins Auge: Das Torgebäude ist hier entfernt und durch eine über alle Stockwerke reichende Glasfassade ersetzt. Doch wegen des relativ niedrigen Budgets von zehn Millionen Mark – immerhin für eines der größten Museen Europas – blieb der Entwurf nur Plan. Dabei, so Frank Sieber, wäre eine spektakulärere Gestaltung bei diesem Gebäude durchaus angemessen gewesen.
Museumsbauten oder genauer: Museumsumbauten sind inzwischen zu einem Schwerpunkt des Büros geworden. So sind die Sanierung der Pfalzgalerie in Kaiserslautern und der Umbau eines Lagergebäudes im alten Hafen in Würzburg in Planung. Wie bei den Bremer Projekten entsteht auch hier nach dem Entwurf auf Papier zunächst ein Modell, das für Studien bis in kleine Einzelteile zerlegt werden kann. Nur so, glaubt Sieber, lassen sich der Lichteinfall und die Raumproportionen optimal simulieren.
Am liebsten würde sich Sieber auch mit Akustik in Gebäuden befassen. Denn der Architekt ist über den Umweg eines Musikstudiums, über Regieassistenzen und die Tätigkeit als Bühnenbildner auf seinen Beruf gekommen, und so träumt er davon, eines Tages ein Opernhaus zu bauen. Doch bis dahin begnügt sich Sieber mit ungewöhnlich geformten Musiksälen wie dem Eurythmie-Raum der Waldorf-Schule – ganz im Understatement. ck
Architekten Wolfram Dahms und Frank Sieber: Konzepte, Projekte, Modelle bis zum 14. Juni in der Galerie Katrin Rabus, Plantage 13; Öffnungszeiten: Di-Fr von 15-18 Uhr, Sa 10-13 Uhr. Im kleineren Galerieraum zeigt Rabus neue Bilder von Rolf Rose
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