: „Selbst Hand anlegen“
Zwischen Kawasaki und Kindererziehung: Die Frauen-Selbsthilfewerkstatt Pfiffigunde ■ Von Birgit Strietzel
„Rein, raus, rein, raus!“ Caroline kniet im Blaumann neben dem Motorrad und gibt Antsche Anweisungen, wie sie die Handbremse drücken soll, während sie die Bremsen entlüftet. Um sich herum hat sie zahlreiche Schraubenschlüssel verteilt. Heute haben die Tüftlerinnen viel Platz in der Werkhalle von „Pfiffgunde“, einer Frauenselbsthilfewerkstatt in Altona. „Manchmal treten wir uns hier gegenseitig auf die Füße, aber heute ist das Wetter zu schön“, erklärt Antsche und widmet sich dann wieder ihrem Motorrad. „Jetzt geht die Bremse schwerer“, meldet sie an Caroline, die Fachfrau.
Die gelernte Kfz-Mechanikerin und Sozialpädagogikstudentin freut sich, wenn sie anderen Frauen weiterhelfen kann, sagt sie. Seit drei Jahren arbeitet sie ehrenamtlich bei „Pfiffigunde“. Hier können Frauen „in netter Atmosphäre all das tun, wozu sie Werkzeug und Anleitungen brauchen“, erläutert Ingrid, die heute keine Schicht schiebt, sondern im Hof das Plenum vorbereitet. „Wir arbeiten hier ohne Anweisung von oben“, sagt sie. Und ohne Männer – denen ein Schild den Zutritt verbietet.
„Aber hier kriegt keine Frau ihr Auto oder Motorrad von uns gemacht“, betont Caroline. Heute hat sie deshalb schon drei Frauen weggeschickt. „Die hatten von nichts Ahnung“, schimpft die Kfz-Mechanikerin. Dann liest sie nochmal im Handbuch nach, wieviel Öl ihre Kawasaki braucht und erinnert Antsche: „Nachher brauche ich noch mal Deine Hilfe.“
„Pfiffigunde“ will, daß Frauen selbst Hand anlegen und in Kursen etwas lernen. In ihrem neunjährigen Bestehen haben die Pfiffigun-dinnen eine stolze Ausstattung zusammengetragen: Hebebühnen für Auto und Motorrad, Werkbänken und Schweißgeräte für verschiedene Metalle. Außerdem gibt es eine Küche für Ruhepausen, eine Umkleide mit Arbeitsklamotten zur Auswahl, eine Toilette und ein Büro. Alle Arbeit wird ehrenamtlich geleistet, neben Studium, Arbeitssuche oder Kindererziehung.
„Eigentlich müßten wir doppelt so viele sein“, sagt Anja, die sich zu Ingrid in den Hof gesellt hat, „jede von uns investiert so viel Zeit, wie sie kann“. Als unabhängiges Projekt ist „Pfiffigunde“ auf diese Frauen angewiesen. „Der monatliche Beitrag unserer 100 Mitfrauen reicht leider nicht mehr aus, um die Miete zu bezahlen“, bedauert Anja. „Seit die Miete im Januar um 1000 Mark gestiegen ist, hangeln wir uns von Monat zu Monat.“
Voriges Jahr hatten die Frauen die Idee, das erste Frauen-Fahrlehrerinneninstitut zu gründen. Eine finanzielle Unterstützung ist aber vom Senat auf Eis gelegt worden. Angeblich gibt es in Hamburg schon genügend arbeitslose FahrlehrerInnen (taz berichtete). „Auch die nötige Erweiterung der Halle müssen wir wohl selbst bezahlen“, ärgert sich Anja. Von dort ruft Caroline jetzt nach einer, die ihr hilft, das Motorrad runterzubocken. Antsche bietet sich an. Sie drückt hinten runter, Caroline zieht die Holzkeile unter dem Motorrad weg. Dann prüft sie, wie weit die Gabel eintaucht. Öl tropft an den Seiten heraus. „Eigentlich wollte ich heute damit fahren, aber da muß ich Claudia noch mal fragen“, sagt sie.
Draußen im Hof versammeln sich jetzt alle, um über die Zukunft von „Pfiffigunde“ zu beraten. Sie sind sich schnell einig – aufgeben werden sie trotz aller finanziellen Probleme nicht. „Bisher hat es immer geklappt“, erklärt Anja kämpferisch, „und deshalb sind wir auch ganz stolz auf uns.“
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