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Tok, tok, tok: die Maus

„Maus Oleum“ im Labyrinth: Die Ausstellung zur Sendung mit der Maus, dem Elefanten – und Armin  ■ Von Cornelia Gerner

„Hallo, Armin!“ Armin dreht sich um, grüßt und schaut dabei so freundlich aus wie am letzten Sonntag im Fernsehen. Später sitzt er an einem kleinen Tisch neben Dieter Saldecki, dem Leiter des Kinder- und Jugendprogramms im WDR-Fernsehen, und gibt Autogramme: „Für Alexander liebe Grüße ... Krakel“. Alexander ist drei Jahre alt und Mausfan, versteht aber noch nicht, daß sich Armin leibhaftig vor ihm befindet. An das Gefühl, auf der Straße erkannt zu werden, mehr noch, überall zur Familie zu gehören, hat er sich gewöhnen müssen, erzählt der Sachgeschichten-Macher einem Vater, der gerade bemerkt hat, daß er Armin schon hundert Jahre zu kennen glaubt.

„Eine Sendung mit der Maus ist wie eine Perlenkette. Da gibt es eine große Kiste mit vielen bunten Perlen. Alle Filme sind hier gespeichert...“, steht auf der über zwei Meter hohen orangefarbenen Welle, die wie ein riesiges Möbelstück in der Mitte des Ausstellungsraumes steht. Sie zeigt Fotos von Armin und Christoph mit langen Haaren vor 27 Jahren, eines von Christophs unzähligen grünen Sweatshirts, Fenster, aus denen Käpt'n Blaubär, Hein Blöd und die Drillinge schauen, und Öffnungen, in die Monitore eingelassen sind. Tok, tok, tok kommt die Maus daher und klimpert mit den Augen. Daneben sind Lars, Lena und Piep zu sehen, ein Stückchen weiter der kleine Maulwurf. Mit Kokosnußschalen und Kastagnetten können die kleinen und großen Besucher die Originalgeräusche von der Maus vor dem laufenden Zeichentrickfilm nachmachen. Zu sehen sind auch die dazugehörigen Originalfolien und -zeichnungen.

Die Perlen, wie es an der mausfarbenen Wand heißt, sind die vielen Lach- und Sachgeschichten, die für jede Sendung zusammengestellt werden. Dazu gehören Zeichentrickfilme, eine Sachgeschichte und natürlich die Maus und der Elefant und manchmal die Ente. Zu Anfang ertönt die Mausmelodie, die die Herzen höher schlagen läßt beziehungsweise alle Mausfans, die vorsichtshalber schon früher eingeschaltet haben, vor den Fernseher ruft. Es folgt die deutsche und anderssprachige Ankündigung und der Kommentar: „Das war Polnisch“ oder „Das war Italienisch“. So ist der Ablauf seit siebenundzwanzig Jahren, und es wird und wird nicht langweilig.

Durch die Sachgeschichten wissen wir, wie Schokoladenweihnachtsmänner, Tischtennisbälle, Gummibärchen und Löffel in der Fabrik gemacht werden, was beim Stabhochsprung und beim Kugelstoßen passiert, wie ein Radio funktioniert und warum die Banane krumm ist. Mehr als tausend Filme sind entstanden. Am spektakulärsten aber waren die Atom- Maus, die Nachkriegs-Maus und die Weltraum-Maus. Weil Armin und Christoph viele ihrer Modelle aufgehoben haben, kann man nun im Schaukasten die Mausefallen und Tischtennisbälle sehen, mit deren Hilfe die Kettenreaktionen in einem Atomreaktor demonstriert wurden, oder auch die Stoffmaus, die auf der russischen Weltraumstation Mir zu Besuch war. Das Schiff steht im Kleinformat da, und von der Rom-Maus blieb ein 18 Quadratmeter großes Modell der Mausoleumsanlage des Kaisers Augustus übrig, das die Funktion der Sonnenuhr erklärte.

Natürlich steckt das Wort Maus in „Maus Oleum“, dem Titel der Ausstellung, die nun schon zwei Jahre lang wandert und in Berlin ihre zehnte Station hat. Für die Namensgebung jedoch war vor allem die Kultbedeutung des Begriffs ausschlaggebend. Denn die Maus ist Kult, daran gibt es seit der Megaparty zu ihrem 25. Geburtstag keinen Zweifel mehr.

Die Ideen zu den Sachgeschichten entstehen oft durch Fragen, die Kinder in ihren Briefen stellen. Und sie sind deshalb so spannend, weil Armin und Christoph bei ihren Nachforschungen immer empirisch vorgehen. Der Moment des Erstaunens, wie etwas funktioniert, und die eigene Unkenntnis am Anfang sind ein Teil der Geschichte.

Im großen Tortenstück mit der Kuschelecke sitzt Alexander und schaut sich ein Bilderbuch an. Leise Musik dringt nach außen. Ein paar Kinder drehen sich auf einer silbernen Trommel mit Schlitzen. Wenn man davorsteht, fangen die Bilder in der Trommel – durch die Schlitze gesehen – an, sich zu bewegen. Eigentlich hätte man noch fragen wollen: „Gibt es ein Leben ohne die Maus?“ Aber da ist Armin schon weg. Am 23. Mai kommt er jedoch noch einmal, wenn die Flugzeug-Maus gezeigt wird. Und dazwischen will auch Christoph mal vorbeischauen. Übrigens: Armin und Christoph heißen im wirklichen Leben Armin Maiwald und Christoph Biermann.

Ausstellung bis 4. Oktober 1998, Montag bis Freitag 9–13 Uhr (außer in den Schulferien nur für angemeldete Gruppen); Dienstag bis Freitag 14–18 Uhr, Samstag 13–22 Uhr, Sonntag 11–18 Uhr. Jeden Samstag ist Familientag mit Filmen, Geschichten und Überraschungsgästen. Für weitere Informationen zum Rahmenprogramm Tel. 49308901. Labyrinth Kindermuseum Berlin, Osloer Str. 12, 13359 Berlin, Tel. 49308901

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