: Sittsames Tuntenglück
■ Hugo Egon Balders Komödie „Silvias Bauch“ (So., 20.15 Uhr, RTL)
Als „Tutti-Frutti“-Moderator galt er Mitte der 80er Jahre als Alptraum des guten TV-Geschmacks, Anfang der 90er begründete er als Produzent der „RTL-Samstag Nacht“ den aktuellen Comedy- Boom. Hugo Egon Balder, der in früheren Leben auch schon Schlager gesungen und Shakespeare gespielt hat, ist kein unbeschriebenes Blatt im TV-Geschäft. Es paßt zu seinem Image, daß Buchautor Robert Thayenthal zunächst nicht im Abspann erwähnt werden wollte, als er hörte, ausgerechnet Balder habe die Regie bei „Silvias Bauch“ übernommen.
Dabei war Balder klug genug, sich weder zu überschätzen noch gar sein Image zu ignorieren: Ganz züchtig startet die klassische Verwechslungskomödie mit einem Casting für Schwangerschaftsmoden (alle Halbnackten sind rundum glückliche Dickbäuche) und erspart sich auch später jede Obszönität. Sittsam, aber nicht unflott nimmt die Verwechslungskomödie ihren Lauf: Der schwule Fotograf Oliver (Björn Gegel-Casapietra) wird kurzfristig mit Mutterfreuden besamt, als nach dem Shooting ein überzähliges Baby in seinem Atelier zurückbleibt. Prompt will er selbst Nachwuchs und setzt seinen alternden Lebensgefährten Hendrik (Joachim Kemmer) unter Druck, die geeignete Leihmutter herbeizuschaffen.
Zwei Tunten auf dem Weg zum Mutterglück – da liegen die Scherze förmlich auf der Straße: der Ekel bei dem Gedanken, mit einer Frau schlafen zu müssen, die Wagner-Opern, die vermeintliche Lustlaute beim Vollzug übertönen sollen, selbst die obligatorische Ming-Vase fehlt nicht. Zwar halten die Schauspieler gelegentlich nicht ganz das Srewball-Tempo, aber „Silvias Bauch“ lebt ganz gut davon, einfach die Vorlagen des Buches sauber umzusetzen. Da sitzt etwa Silvia (Alana Bock) aufgeregt auf Olivers Sofakante und glaubt, über eine Fotosession zu reden, während er denkt, mit der Leihmutter die Einzelheiten der Samenübergabe zu besprechen. Sie: „Von mir aus können wir es täglich machen. Und gerne auch an ungewöhnlichen Orten. Am Bahnhof oder auf dem Flughafen. Wo viele Leute sind.“ Er: „Und die sollen alle zugucken?“ Sie: „Damit hast du Probleme?“
Ja, so werden Komödien gemacht. Balder hat ordentliche Arbeit geleistet. Und der verschreckte Autor steht dann doch im Abspann. 10 Länderpunkte! Klaudia Brunst
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen