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Die Energiewende beim Hausbau ist möglich

■ Rezension: Solare Netze – neue Wege für eine klimafreundliche Wärmewirtschaft

Die meisten Architekten und Stadtplaner sind phantasielos. Oder muß man sie gar ignorant nennen? Wie sonst ist zu erklären, daß selbst in Neubauten die von der Sonne gelieferte Energie nur zu einem Bruchteil genutzt wird? Das Buch von Henrik Paulitz macht – wie schon manches einschlägige Werk zuvor – deutlich: Die Technik der Solarnutzung ist bewährt, fehlende Wirtschaftlichkeit als Gegenargument nicht mehr haltbar. Daß nur mit Sonnenenergie nachhaltiges Wirtschaften möglich ist, ist hinlänglich bekannt. Warum also noch ein weiteres Solarbuch? Weil Henrik Paulitz sich einen Aspekt der Solarwirtschaft herausgepickt hat, der bislang noch zuwenig diskutiert wurde: solare Netze. Der Autor tritt dafür ein, ganze Siedlungen bei der Nutzung der Solarwärme miteinander zu koppeln und mit einem zentralen Warmwasserspeicher die Energie vom Sommer in den Winter zu retten. Daß dieses Konzept realistisch ist, belegt er anhand bestehender Projekte: In Schweden und Dänemark gibt es bereits mehrere saisonale Wärmespeicher, auch in Deutschland nennt Paulitz einige Projekte – in Friedrichshafen und Neckarsulm zum Beispiel. Sehr fachkundig rechnet der Mitarbeiter des Instituts für Regional-Ökonomie in Eppelheim bei Heidelberg die Möglichkeiten solarer Wärmeverbünde vor. Die technischen Daten sind derart detailliert dargestellt, daß jeder Stadtplaner sich anhand des Buches selber ausrechnen kann, was ein solarer Speicher für ein konkretes Neubaugebiet an Energieeinsparung bringt. Auch die Kosten stellt Paulitz dar: In Neckarsulm gewinnt ein Solarprojekt die Kilowattstunde Wärme für 12 Pfennig.

Paulitz macht auch die enormen Potentiale deutlich, die bundesweit brachliegen: 800 Millionen Quadratmeter Dachflächen stehen in Deutschland für die Nutzung der Solarenergie zur Verfügung. Nur ein winziger Bruchteil dieser Flächen wird heute genutzt. Fazit des Autors: „Der Sonnenkollektor muß künftig so allgegenwärtig sein wie heute der Dachziegel.“

Abgerundet wird das Buch durch einige Kapitel über Hintergründe der Energiewirtschaft, über den Nutzen der ökologischen Steuerreform und die Auswirkung der Solarwirtschaft auf die Arbeitsplätze („deutlich positiv“).

Architekten und Stadtplaner sollten dieses Buch lesen, bevor sie Gebäude in die Landschaft setzen, die fossile Energien verschwenden. Aber auch anderen führt das Buch deutlich vor Augen: Die Energiewende ist heute problemlos möglich. Bernward Janzing

H. Paulitz: „Solare Netze. Neue Wege für eine klimafreundliche Wärmewirtschaft“. Die Werkstatt, ISBN 3-89533-188-0, 28 DM

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