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Opposition unter dem Schutz einflußreicher Militärs

■ Wer Korruption und Klientelwirtschaft der „Firma Suharto“ anprangerte, landete bislang meist im Gefängnis. Nicht so Amien Rais, der Hoffnungsträger der indonesischen Opposition

Über drei Jahrzehnte hat Suharto keinen Rivalen neben sich geduldet. Seit seiner Machtübernahme 1966 besetzte der indonesische Präsident die wichtigsten Positionen in seiner Regierung, in den Streitkräften und sogar im Parlament mit Leuten, die ihm blind ergeben waren. Und wenn Kritiker von außerhalb seines Machtapparates es schon mal wagten, eine eigene Partei oder Gewerkschaft zu gründen, durften diese sich den Luxus kritischer Gedanken fortan hinter Gittern leisten.

Eine organisierte Opposition gibt es in Indonesien nicht. Selbst Megawati Sukarnoputri, die Tochter des 1965 entmachteten Staatsgründers Sukarno, die wegen ihres Ansehens bei den Studenten und Armen Indonesiens oftmals als Anführerin der außerparlamentarischen Opposition betrachtet wird, macht einen machtlosen Eindruck, weil sie nicht über eine nennenswerte Organisation verfügt.

Da hat es Amien Rais schon leichter. Er ist Vorsitzender der mit 28 Millionen Mitgliedern zweitgrößten Muslimorganisation Muhamadiya. Seit er sich Anfang dieses Jahres als Gegenkandidat Suhartos für die Präsidentschaftswahlen im März anbot, hat sich Rais zu einem ernstzunehmenden Gegner des Regimes hervorgetan. Er ist inzwischen der Hoffnungsträger der Studenten Indonesiens.

Vor einem Jahr war Amien Rais beim Regime in Ungnade gefallen. Er hatte öffentlich Korruption und Klientelwirtschaft sowie die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich in Indonesien angeprangert. Er warf der Regierung Suharto vor, sie verstoße gegen die Verfassung, indem sie die Bodenschätze des Landes an ausländische Firmen verscherbele. Daraufhin gab ihm Suharto deutlich zu verstehen, er solle als Vorsitzender des einflußreichen Forums von Muslim- Intellektuellen ICMI doch lieber zurückzutreten.

Die Zeit aber arbeitete für Amien Rais. Nur wenige Monate nach dem Konflikt mit dem Präsidenten brach die wirtschaftliche Krise über Südostasien herein, die auch Indonesien erfaßte. Rais sprach der Regierung Suharto bald jegliche Legitimität ab. „Was die Regierung auch unternimmt, um die Probleme zu lösen – alles ruft nur negative Reaktionen hervor“, erklärte er noch kurz vor den Präsidentschaftswahlen im März. „Die Menschen in Indonesien sind es leid, sie wollen Reformen, eine neue Regierung.“

Als Suharto im März seine siebte Amtsperiode antrat, stellte ihm Rais ein Ultimatum: „Wenn der Präsident nicht binnen sechs Monaten die drängendsten wirtschaftlichen und sozialen Probleme des Landes in den Griff bekommt, sollte ein „Volksrat“ aus prominenten Politikern zusammentreten, um seinen Rücktritt zu beschließen und ein wirtschaftliches Wiederaufbauprogramm auszuarbeiten“, so Rais.

Zweifellos ist Amien Rais durch seine Äußerungen bei großen Teilen der Bevölkerung inzwischen äußerst populär. Da stellt sich zwangsläufig die Frage, warum der Diktator diesen lästigen Kritiker nicht einfach einsperren läßt – wie den Gewerkschaftsfunktionär Muchtar Pakpahan, den Parlamentsabgeordneten Sri Bintang Pamunkas und viele andere, die versucht haben, der „Neuen Ordnung“ Suhartos eine Alternative entgegenzusetzen. Nach Meinung von politischen Beobachtern steht außer Zweifel, daß Rais die Sympathie und den Schutz mehrerer ranghoher Militärs genießt. Der Muslimführer war in jüngster Zeit nicht nur einmal zu Besuch bei General Prabowo. Der ist nicht nur Kommandeur einer Eliteeinheit, sondern auch der Schwiegersohn des Präsidenten ... Hera

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