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Abschiebung in ein fremdes Land

Koko Tossou aus Togo und ihren in Hamburg geborenen Töchtern droht die Ausweisung. Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht  ■ Von Heike Dierbach

Erzieherin würde Koko Tossou gerne werden. „Das war mein Traum, aber in Togo ging das nicht ohne Beziehungen“, erzählt die 37jährige. Doch nicht deswegen ist sie vor acht Jahren aus dem westafrikanischen Land geflohen. Die Polizei suchte sie per Haftbefehl, weil sie sich kritisch über die Regierung geäußert hatte. Jemand hatte sie denunziert. Als Koko Tossou sich versteckte, nahm die Polizei ihren Bruder mit.

„Es ist so schwer, das alles zu erzählen.“ Trotzdem spricht sie weiter. Denn nach acht Jahren in relativer Sicherheit droht ihr nun die Abschiebung in die erneute Verfolgung und ihren beiden Töchtern eine ungewisse Zukunft in einem fremden Land. Melody und Mercedes waren noch nie in Togo. Sie sind hier geboren und aufgewachsen und sprechen Deutsch mit Hamburger Akzent. Morgen wird das Hamburger Verwaltungsgericht über Tossous Asylantrag entscheiden – und damit auch über das Schicksal der beiden Mädchen.

Von deren Vater, den sie in Hamburg kennengelernt hatte, lebt Koko Tossou getrennt. Der Togoer hatte sie wiederholt geschlagen, sie floh ins Frauenhaus und schließlich in ein Asylbewerberheim in Steilshoop. Dort lebt sie mit den Mädchen in einem Zimmer von zwölf Quadratmetern. Jahrelang verlängerte die Hamburger Ausländerbehörde ihre Aufenthaltserlaubnis nur im Drei-Monats-Takt. Der Vater der Kinder hat eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung. „Wenn sie den geheiratet hätte, wäre das alles jetzt kein Thema“, sagt Sabine Skalla bitter.

Sie ist Geschäftsführerin des Kindergartens „Koppel Kinder“ in St. Georg, den Melody und Mercedes bis vor kurzem besuchten. Jetzt machen sich die SpielkameradInnen stark für die beiden Mädchen – sie wollen morgen den Gerichtssaal füllen. „Das Verhalten der Behörden ist doch unmenschlich“, empört sich Sabine Skalla, „die Mädchen sind hier aufgewachsen. Was sollen sie denn in Togo?“

Richtig verstehen kann die siebenjährige Melody nicht, worum es geht. Lieber erzählt sie aus ihrer Welt, von den Freundinnen in der Grundschule Eenstock in Rahlstedt, und daß sie schon lesen und schreiben kann. Togo ist für sie nur ein Wort. „Wir sind hier zu Hause“, sagt Koko Tossou, „in Togo haben wir niemanden mehr“.

Ihr Bruder ist seit zwei Jahren spurlos verschwunden.

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