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■ QuerspalteDas Düsseldorfer Modell

Erinnert sich noch jemand an die Basisdemokratie? Einige Grüne redeten in grauer Vorzeit mal davon, bis sie merkten, daß es im Politikerleben Wichtigeres gibt, als permanent mit den niederrangigen Parteisoldaten abzuhängen. Seitdem gilt die Basisdemokratie als out, und den Begriff hört oder liest man heute am ehesten noch bei Vorgestrigen aus der Spaßbranche, wenn sie sich mit Witzchen über Hippies und Alternative ganz easy ein paar Mark verdienen. Sollten wir 1998 ein Revival der Basisdemokratie erleben, haben wir es allein einem 50jährigen Bediensteten des Fußball-Zweitligisten Fortuna Düsseldorf zu verdanken. Vor fünf Jahren flüchtete der ehemalige jugoslawische Nationalmannschaftskeeper Enver Maric aus Sarajevo – einer Region, in der, das nur nebenbei, basisdemokratische Ideen in den letzten Jahren auch nicht sonderlich beliebt zu sein schienen. Sogleich heuerte er in Deutschland als Torwarttrainer an, und Anfang letzter Woche stieg er nun in Düsseldorf zum Chefcoach auf.

Um den vom selbstherrlichen Vorgänger Maslo gedemütigten Angestellten zurückzugeben, was nach Trainerwechseln gemeinhin als „Spaß am Fußball“ bezeichnet wird, wagte Maric eine völlig neue Politik: Er verteilte Zettel, auf denen die Spieler angeben sollten, welches Spielsystem, welche Aufstellung und welche Position sie für sich selbst bevorzugten. Abgesehen davon, daß zwei Kicker sich nicht einmal selbst in der besten Elf sahen, weil Opa Maslo sie offensichtlich nachhaltig demoralisiert hatte, war die Umfrage ein großer Erfolg. Gemäß der Meinung der Mehrheit stellte Maric jene Mannschaft zusammen, die kurz darauf gegen den Spitzenclub aus Nürnberg gewann.

Warum sollte, was in der Unterhaltungsindustrie funktioniert, nicht auch in anderen Wirtschaftszweigen klappen? Womöglich macht der ehemalige Torwart aus Sarajevo jetzt noch eine Karriere als Unternehmensberater – und dann geht's aufwärts mit dem Standort Deutschland. René Martens

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