: Der Retter der Deutschen Mark
Der Unternehmer Bolko Hoffmann kämpft verbissen gegen den Euro. Um ihn zu verhindern, gibt er 20 Millionen Mark aus – und hat jetzt sogar eine eigene Partei gegründet. Mit ihr will Hoffmann bei der Bundestagswahl antreten ■ Von Severin Weiland
Berlin (taz) – Bolko Hoffmann ist sich sicher. „Der Euro kommt nicht“, heißt es in Anzeigen mit seinem Konterfei, die landauf, landab in deutschen Tageszeitungen erscheinen. Das spricht zwar der Realität hohn. Immerhin wurde die Einführung der neuen Währung Anfang Mai von den EU-Staatschefs in Brüssel beschlossen. Doch derartige Hiobsbotschaften können Bolko Hoffmann nicht erschüttern. „In Finanzkreisen“, sagt er im Brustton der Überzeugung, „wird schon über Ausstiegsszenarien diskutiert.“
Zum Beweis schickt der Unternehmer gerne einen Artikel aus der seriösen Börsenzeitung zu. Darin wird munter darüber spekuliert, was geschehen könnte, wenn nur eines der Länder aus dem Projekt ausschert. Um Deutschlands liebstes Kind zu retten, hat er Ende April in Düsseldorf eine neue Partei gegründet. Die „Initiative Pro D-Mark – neue liberale Partei“ will am 27. September zur Bundestagswahl antreten. Unablässig warnt sie vor Arbeitslosigkeit und Inflation, will mit einem Programm zum Abriß ostdeutscher Plattenbauten Hunderttausende von Arbeitsplätzen schaffen.
Parteichef Hoffmann beherrscht die populistische Rhetorik. Sie könnte, wäre der Mann nicht zufällig Börsianer, durchaus auch von der Anti-Euro-Partei PDS stammen: „Nur das Großkapital, das ohnehin die deutsche Volkswirtschaft ausplündert, profitiert von der neuen Währung.“ Schon in den Achtzigern glaubte Hoffmann der Volksseele besonders nah zu sein. Da gehörte er zum Führungspersonal der Bürgerpartei. Sie wetterte gegen Steuerlast und Bürokratie. Die Partei nahm nur niemand so recht ernst. Und so ging sie ein. Jetzt ist Volkes Stimme in abgewandelter Form als Anti-Euro-Bewegung wiederauferstanden.
Die Fehler der Bürgerpartei, ihren Rechtsdrall will Hoffmann tunlichst vermeiden. „Wir sind ganz klar in der Mitte“, sagt er und preist in einem Atemzug den SPD- Spitzenkandidaten Gerhard Schröder und Sachsens CDU-Ministerpräsident Kurt Biedenkopf. Weil beide bekanntlich Euro- Skeptiker sind. Mit denen könne er sich eine Koalition vorstellen. Ganz so, als habe Schröder schon angerufen und um ein Gespräch gebeten.
Rund 1.000 Mitglieder zählt Hoffmanns Partei. Das ist wenig. Aber ein gigantischer Werbeaufwand kompensiert die personelle Schwäche. In sämtlichen regionalen und überregionalen Zeitungen, außer dem Neuen Deutschland und der Nationalzeitung, hat er seine Anti-Euro-Anzeigen schalten lassen. Das hat er sich eine Kleinigkeit kosten lassen. In den ersten 14 Tagen des Monats Mai gab er dafür 4,5 Millionen Mark aus. Mitte Juni erfolgt die nächste Anzeigenschaltung, diesmal in den großen Magazinen. Sie wird ähnliche Summen kosten. 20 Millionen Mark hat Hoffmann für seinen Wahlkampf angesetzt – mehr als die Grünen. Die Vorfinanzierung läuft über seine Werbeagentur Thersal.
15 Millionen Mark sollen durch die Wahlkampfrückerstattung wieder hereinkommen. Die Basis für derartige Kalkulationen ist eine Umfrage vom Emnid, die seiner Partei 5,7 Prozent im Westen und 6,7 Prozent im Osten prognostiziert. Daß bereits mit dem rechten Bund freier Bürger (BFB) eine Anti-Euro-Partei um Stimmen konkurriert, läßt Hoffmann kalt. „Wir grenzen uns von denen klar ab“, sagt er. Seine Spitzenkandidaten seien eben keine „abgehalfterten Politiker“. Womit er wohl den BFB-Vorsitzenden und Ex-FDPler Manfred Brunner meint.
Ist Bolko Hoffmann etwa ein Wahnsinniger, ein Mann, der sich selbst zugrunde richten will? Fest steht: Er liebt das Risiko. 1992 kaufte er die einstige DDR-Nachrichtenagentur ADN, um sie zwei Jahre später wieder abzustoßen.
Weitaus mehr Erfolg hat Hoffmann als Börsianer. 1971 gründete der Diplomkaufmann die „Effectenspiegel AG“. Sie gibt den wöchentlich erscheinenden Effecten- Spiegel heraus, das mit 100.000 Auflage angeblich „größte Börsenjournal Europas“ (Eigenwerbung). Vor allem Kleinaktionäre schätzen das Blättchen. Die Fangemeinde kommuniziert kontrovers im Internet über Hoffmanns Anlagetips. Kritik und Lob halten sich die Waage – je nachdem, ob man Gewinn oder Verluste eingestrichen hat. Von der Finanzwelt wird sein Blatt eher mißtrauisch beäugt. In einer Beurteilung des Managermagazins landete es im Mittelfeld. Das kann Hoffmann kaum schrecken. Denn das eigentliche Kerngeschäft macht die Effecten-Spiegel AG, an der seine Werbeagentur Thersal 25 Prozent der Aktien hält. Sie boomt an der Börse, daß man sich verwundert die Augen reibt.
Im Wertpapiergeschäft legte die AG in den vergangenen zwei Jahren von 13 Millionen auf 211,58 Millionen Mark zu. Ihr Bankguthaben stieg von 16 Millionen auf 115,59 Millionen. „Ich habe die beste Bilanzstruktur der Nachkriegszeit vorzuweisen“, sagt Hoffmann. Zur Freude der rund 8.000 Aktionäre, die im vergangenen Jahr eine Dividende von sage und schreibe 80 Prozent einstreichen konnten.
Bolko Hoffmann, dessen 12köpfige Effecten-Spiegel AG und vierköpfige Werbeagentur Thersal in Düsseldorf residieren, strotzt vor Selbstbewußtsein. Der Mann verdient immerhin doppelt soviel wie der Bundeskanzler. 740.000 Mark erhielt er laut Geschäftsbericht als Vorstand der Effecten-Spiegel AG im vergangenen Jahr. Nur mit den Medien muß sich Hoffmann noch anfreunden. Bei der Gründung seiner Partei waren keine Journalisten zugelassen. „Wenn am Anfang die Presse dabei ist, gibt es doch meistens Schwierigkeiten. Dann werden die örtlichen Kandidaten auseinandergenommen, und der eine versucht sich auf Kosten des anderen zu profilieren.“
Auch mit öffentlichen Wahlkampfveranstaltungen will sich Hoffmann Zeit lassen. Zumindest in den nächsten fünf Wochen. Der Mann kennt das Volk, das er vor dem Euro bewahren will: „Solange die Fußball-Weltmeisterschaft läuft, kommt doch keiner.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen