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Der Regierungsschwächer, leicht gestärkt

Der auch von Parteifreunden geschmähte Regierungssprecher Otto Hauser tut Buße in Bonn und gelobt Besserung. Im Gegenzug unterstützt ihn jetzt das CDU-Präsidium — wenn auch mit eher dürren Worten  ■ Aus Bonn Bettina Gaus

Otto Hauser (CDU) bleibt vorläufig im Amt. Die Autorität von Helmut Kohl ist immer noch groß genug, um einen angeschlagenen Regierungssprecher zu halten. Sie reicht allerdings nicht mehr aus, um Kritiker in den eigenen Reihen zum Schweigen zu bringen. Verteidigungsminister Volker Rühe sagte gestern vor Beginn der CDU-Präsidiumssitzung, er sehe die Angelegenheit Hauser genau wie Fraktionschef Wolfgang Schäuble. Der hatte umstrittene Äußerungen Hausers indirekt als „Blödsinn“ bezeichnet.

Nach der Sitzung bekundete CDU-Generalsekretär Peter Hintze in ungewöhnlich dürren Worten Solidarität. Das Präsidium halte „die Debatte für positiv abgeschlossen“. Man könne „über die eine oder andere Formulierung“ Hausers streiten, und das sei bei den Beratungen „in der einen oder anderen Wortmeldung“ zum Ausdruck gekommen. Er wolle jetzt aber nicht die „Einzeldebatte“ wiedergeben. Der Regierungssprecher hatte für Aufsehen gesorgt, weil er die PDS mit der NSDAP verglichen und indirekt gedroht hatte, bei unbotmäßigem Wählerverhalten in den neuen Ländern könne weniger Geld von West nach Ost fließen.

Otto Hauser selbst mußte gestern die bislang wohl peinlichste Situation seiner Laufbahn überstehen. Minutenlang wurde jede Regung seiner angespannten Gesichtszüge von Kameras festgehalten. Dann gab er vor der Bundespressekonferenz eine Stellungnahme in eigener Sache ab: Er sei „gerne bereit hinzuzulernen“ und er habe gelernt, daß das Agieren in der Doppelrolle als CDU-Abgeordneter und als Regierungssprecher „manchmal eine Gratwanderung“ sei. Künftig wolle er sich in der Bundespressekonferenz „auf die Aufgaben als Regierungssprecher konzentrieren. Ich will mich an die Gepflogenheiten halten.“

Am Vormittag hatte Hauser ein Gespräch mit dem Vorstand der Bundespressekonferenz, dem Verband der Bonner Journalisten, geführt. Seine Äußerungen hatten auch großen Unmut bei Medienvertretern erregt, die sich gegen „parteipolitische Missionierung“ des Regierungssprechers verwahrt hatten. Hauser erklärte: „Es war ein gutes und für mich auch konstruktives Gespräch.“

Ein 45jähriger kann aber eben nicht so leicht aus seiner Haut. Bei allem Bemühen um einen konzilianten Ton klang auch gestern in Hausers Worten an, daß er die Fehler offenbar nicht allein bei sich selbst sieht. Er hoffe, „daß wir zur Sacharbeit übergehen können“, sagte er und bot der Bundespressekonferenz „ausdrücklich“ seine Zusammenarbeit an. „Das ist kein Angebot. Dafür wird er bezahlt“, meinte hinterher eine Journalistin.

Bei der Opposition vermögen inzwischen viele der Angelegenheit gute Seiten abzugewinnen. Es sei doch schön, daß die Öffentlichkeit endlich erfahre, wie in der Regierung wirklich gedacht werde, hieß es am Sonntag auf dem Länderrat der Bündnisgrünen. Die Union und ihre Anhänger sind darüber weniger glücklich. Die Bild am Sonntag zitierte CDUler mit so wenig schmeichelhaften Bezeichnungen für Hauser wie „Regierungsschwächer“, „Schnösel von Esslingen“ und sogar einfach „Schwachkopf“.

Generalsekretär Hintze bemühte sich unterdessen um Schadensbegrenzung: Dem Bundeskanzler sei der Aufbau in den neuen Ländern „ein Herzensanliegen“.

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