piwik no script img

Nur im Wald zeigen Elfen Bein

■ Das Blaumeier-Atelier hat sich viel vorgenommen – unter anderem ein „Großspektakel“ Ende Juni im Bürgerpark

Es ist sympathisch chaotisch. Das Blaumeier-Atelier lädt zum Pressegespräch in das alte Pumpwerk der Bremer Entsorgungsbetriebe (BEB). Über eine Förderkampagne wollen die Blaumeiers, die MacherInnen des „Projekts für Kunst und Psychiatrie“, berichten und über eine Kooperation mit den BEB. Und über ein Theaterspektakel im Pumpwerk im fernen September. Und über ein noch größeres Spektakel im nahen Juni. Und über die Alltagssorgen. Und. Über. Drunter und drüber. So, daß sich die Blaumeiers selbst nicht ganz sicher sind, was wichtig ist und was nicht. Aber vielleicht liegt ja genau darin der Erfolg von Alle-lieben-Blaumeier, daß alles keinen richtigen Anfang hat und hoffentlich auch kein Ende.

Jedenfalls groß-spektakeln sie wieder. Schon jetzt sollen bei anbrechender Nacht im Bürgerpark Feen, Nonnen und maskierte Fabelwesen zu beobachten sein. Sie gehören als Untertanen von Gott Pan zum Personal von „Elfenbeinander“, dem „Panodrama mit Faun und Flora“, das am 26. Juni uraufgeführt wird. Es ist ein „Panodrama“, weil Pan, der Hüter von „Faun und Flora“, an einer Krankheit siecht. Außerdem haben ihm Piraten die Flöte geklaut. Auch sie wollen schließlich einmal sehen, wie Elfen Bein zeigen. Alle Wesen des Waldes kommen schließlich zusammen, um Pan zu retten.

Sage und schreibe 150 MaskenbildnerInnen, SchauspielerInnen und andere Unersetzliche wirken dabei mit. In der Tradition von Blaumeier-Spektakeln wie „Jacob's Krönung“ und „Fast Faust“ verwandeln die Blaumeiers diesmal den Bürgerpark in einen Schauplatz für ihr inszeniertes Chaos alias Masken- und Theaterspiel. Als mobile Inszenierung wandert das „Elfenbeinander“ vom Marcusbrunnen zum Open-Air-Theater an der Melchersbrücke.

Und wie bezahlen die das? „Das Elfenbeinander mit Eintrittseinnahmen und vor allem mit Geld der Waldemar-Koch-Stiftung“, sagt Blaumeier-Co-Organisatorin Bettina Reeg. Die Verwalter des Nachlasses des Autohändlers Waldemar Koch sponsern in Sachen Theater ohnehin gern am Mainstream vorbei. Sie haben im Musiktheater ein Faible für Zeitgenössisches und anderswo eins für Schräg-riskant-blaumeierliches. Dieses in Bremen ideell recht verbreitete Faible für Blaumeier wollen die sozial arbeitenden KünstlerInnen oder künstlerischen SozialarbeiterInnen im Atelier an der Travemünder Straße in Bremen-Walle jetzt in bare Münze umwandeln.

Seit April wirbt das Atelier, das Kunst-, Maskenbildner- und Theaterkurse für echte und wahre Verrückte oder – politisch korrekt – für Menschen mit und ohne Psychiatrieerfahrung anbietet, im Programmheft „Mix“: Mit dem Slogan „Machen Sie Blau ... Meier zu einer sicheren Sache“ wollen die Blaumeiers 444 Förderer gewinnen, die jährlich 444 Mark für das Atelier übrig haben. Denn auch sie plagen sich wie andere weniger spektakuläre Projekte an der Existenz- und Legalitätsgrenze ab. Mit einigermaßen sicherer Förderung vom Sozial- und Kulturressort sowie von Wohlfahrtsverbänden kann zwar die Hälfte der zwölf Stellen finanziert werden. Doch die andere Hälfte hangelt sich von ABM-Stellen zum Ehrenamt und zurück. 170 zahlende UnterstützerInnen gehören teils mit geringeren Spenden zum Förderkreis. Doch weil Bettina Reeg und Co. 200.000 Mark zusammen bekommen wollen, kann der Kreis durchaus auf über 500 UnterstützerInnen wachsen (Kontakt: Tel.: 39 53 40).

Neben dem „Mix“ helfen jetzt auch die Bremer Entsorgungsbetriebe (BEB): „Wir wollen einen Beitrag leisten, daß dieses tolle Kulturprojekt auf den Beinen bleibt“, sagt BEB-Sprecher Friedhelm Behrens. Kurz vor der Privatisierung haben die BEB einen Monat lang ihre Müllwagen in Blaumeier-Werbeflächen umgewandelt. Die Gegenleistung ist ein mehrtägiges Gastspiel zur Eröffnung des alten Pumpwerks in Bremen-Findorff als Museum und Veranstaltungsort im September. Aber was interessiert uns jetzt ein Projekt im September, wenn schon am 26. Juni „Elfenbeinander“ im Bürgerpark ist? ck

„Elfenbeinander“ vom 26. bis 28. Juni sowie am 1. und 2. Juli um 21 Uhr im Bürgerpark; Treffp. ist der Marcusbrunnen. Karten gibt's für 28 (erm. 18) Mark im Blaumeier Atelier (Tel.: 39 53 31) oder in den Buchläden Ostertor und Neustadt

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen