: Kein Entscheid fürs Volk
■ Rot-grüne Koalition in Hamburg einigt sich nicht über Gesetzentwurf
Nein, bedauerte SPD-Fraktionschef Holger Christier, er habe „nicht mal einen Ein-Punkt-Plan zu bieten“. In ihrem zweistündigen Krisengespräch über die Volksgesetzgebung einigte sich die Regierungskoalition gestern auf gar nichts. Es ist nicht einmal klar, wie der rot-grüne Streit um die Mindestbeteiligung bei Volksentscheiden weiter ausgetragen werden soll.
Statt dessen, so Christier, hätten SPD und GAL ihre unterschiedlichen „Standpunkte noch einmal verdeutlicht“ – um daran festzuhalten: Die Grünen unterstützen weiter den Antrag der Initiative „Mehr Demokratie“, wonach einfache Mehrheiten für Volksentscheide reichen sollen – egal, wie viele Bürger sich beteiligen. Die SPD will zwar auch einige Hürden bei der Volksgesetzgebung senken, setzt aber beim Volksentscheid auf „repräsentative Mehrheiten“, sprich relativ hohe Zustimmungsquoren.
Einen entsprechenden Antrag hat sie bereits formuliert, „aber die GAL läßt nicht zu, daß die SPD diesen Antrag in die Bürgerschaft einbringt“, stellte der grüne Fraktions-vize Martin Schmidt klar. Denn laut Koalitionsvertrag bedürfen Bürgerschaftsanträge der Zustimmung beider Fraktionsvorstände. Was aber, wenn die SPD diese Absprache bricht? „Das wäre ein Koalitionsproblem“, folgerte Schmidt.
Dennoch: „Wir halten an unserem Antrag fest“, blieb Christier stur. Ob, wann und in welcher Form – als Fraktionsantrag oder Gruppenantrag einzelner Abgeordneter – er eingebracht werde, „das überlegen wir uns jetzt“. Die Frage eines Kompromisses mit der GAL „stellt sich nicht“, so der Sozialdemokrat. „Auf Abstimmungsquoren zu verzichten, ist undenkbar.“
Bleiben also drei Möglichkeiten. Entweder zieht die SPD ihren Antrag zurück, was unwahrscheinlich ist. Oder sie bringt ihn ein und riskiert einen Koalitionsbruch. Oder, drittens, die CDU, die die Position der SPD teilt, stellt den Antrag. Dann könnten sich die Sozialdemokraten enthalten, die CDU würde die GAL überstimmen, und die SPD wäre auch am Ziel.
„Auch das wäre ein Eklat“, warnte jedoch die grüne Landessprecherin Antje Radcke. Schließlich könnten so strittige SPD-Anträge beliebig durch Enthaltung durchgesetzt werden.
Heike Haarhoff
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