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Grüne erheben schwere Vorwürfe gegen Rühe

■ Eigener Abschlußbericht zur Bundeswehr vorgelegt. Zeugen seien mundtot gemacht worden

Bonn (taz) – „Es ist nicht auszuschließen, daß Volker Rühe Zeugen des Bundeswehr-Untersuchungsausschusses beeinflußt hat.“ Angelika Beer, verteidigungspolitische Sprecherin der bündnisgrünen Bundestagsfraktion, erhob gestern schwere Vorwürfe gegen den Verteidigungsminister.

Rühe und andere Unionspolitiker hätten immer wieder den Sinn des Ausschusses in Frage gestellt und ihn als „Klamauk im Wahljahr“ abqualifiziert, meinte sie bei der Vorstellung des 30seitigen Minderheitenberichts ihrer Fraktion zum Abschluß des Bundeswehr-Untersuchungsausschusses.

Zeugen seien schon im Vorfeld ihrer Vernehmung mundtot gemacht worden, so Beer. Sie kritisierte außerdem das einseitige Vorgehen des Ausschusses: CDU, FDP und SPD hätten es bewußt darauf angelegt, Einzelfälle in den Mittelpunkt zu stellen, statt intensive Ursachenanalyse zu betreiben. Das Problem sei weniger, daß es erhebliche Indizien für eine „Schieflage“ bei der inneren Führung gebe. Vielmehr leugne die politische und militärische Führung der Bundeswehr jegliche Gefahr, trotz der Warnungen auch von seiten der Wehrbeauftragten des Bundes, Claire Marienfeld. Die bekanntgewordenen Fälle seien nur Symptome für den inneren Zustand der Bundeswehr. Trotz aller Kritik, sagte Beer, habe der Untersuchungsausschuß eine breite Fehlentwicklung innerhalb der Bundeswehr aufgezeigt. Diese müsse korrigiert werden. Den von Koalitionspolitikern erhobenen Vorwurf, die Grünen hegten gegen die Bundeswehr einen „Generalverdacht“, wies Beer von sich. Für den Fall, daß Rot-Grün im September die Regierungsmehrheit gewinnt, kündigte Beer eine grundlegende Reform der Bundeswehr an.

Der Bundeswehruntersuchungsausschuß wurde Ende des vergangenen Jahres eingesetzt, nachdem bekanntgeworden war, daß der bekannte Rechtsextremiste Manfred Roeder im Januar 1995 vor der Hamburger Führungsakademie der Bundeswehr einen Vortrag gehalten hatte. Heute legt der Ausschuß den offiziellen Abschlußbericht vor. Thorsten Denkler

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