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Kopfverletzungen bei Gelöbnis-Einsatz

■ Verletzte erheben schwere Vorwürfe gegen die Polizei. Angeblich gezielte Schläge in den Nacken. Veranstalter ziehen vor Gericht

Durch gezielte Schläge in den Nacken und ins Gesicht soll die Polizei beim Einsatz während des Bundeswehrgelöbnisses am vergangenen Mittwoch Demonstranten teilweise schwer verletzt haben. Diesen Vorwurf erheben gegenüber der taz einer der Verletzten sowie die bündnisgrüne Abgeordnete Judith Demba.

Hartmut Behrend (Name geändert) ist einer der Verletzten, der noch während der Kundgebung mit dem Notarztwagen ins Krankenhaus gebracht werden mußte. Kurz nachdem die Polizei ihren Einsatz begonnen hatte, um den Stromgenerator des „Geloebnix“- Festes an der Spandauer Straße außer Kraft zu setzen, erhielt er einen Schlag in den Nacken. Die Folgen: eine kurzzeitige Bewußtlosigkeit sowie ein Schleudertrauma, ein Schädel-Hirn-Trauma und eine Schädelprellung.

Bevor ihn der Schlag der Polizei traf, hatte Behrend beobachtet, wie die Einsatzbeamten gezielt auf den Kopf und ins Gesicht von Demonstranten schlugen. Seine Vermutung: Statt negativen Bildern von Knüppeleinsätzen wollten die Beamten verletzen, „ohne blutende Platzwunden zu hinterlassen“.

Auch die bündnisgrüne Abgeordnete Judith Demba hat beobachtet, daß die Beamten gezielt ins Gesicht von Demonstranten geschlagen hätten. Sie selbst sei auch getroffen worden, allerdings „nur an der Seite“. Insgesamt waren am vergangenen Mittwoch drei Personen schwer und zahlreiche Demonstranten leicht verletzt worden. Achtzehn Personen waren festgenommen worden.

Die Polizei dementierte die Vorwürfe gestern entschieden. „In einer Demokratie ist Körperverletzung nicht erlaubt“, sagte ein Polizeisprecher.

Die Veranstalter der Demonstration, neben Bündnisgrünen und PDS auch zahlreiche Initiativen, darunter die Kampagne gegen Wehrpflicht, wollen nun Fotomaterial sowie ein Amateurvideo auswerten, das während des Polizeieinsatzes von der Lautsprecherbühne aus gedreht worden war. Außerdem kündigten sie an, gegen den Polizeieinsatz auch gerichtlich vorzugehen. Der Grund: Der Auflagenbescheid der Polizei, mit der die Abschaltung der Lautsprecheranlage begründet wurde, stehe in diametralem Gegensatz zum Urteil des Oberverwaltungsgerichts. Das hatte am Tag vor der Kundgebung deutlich gemacht, daß das Recht auf Versammlungsfreiheit durch das Gelöbnis nicht berührt werden dürfe.

„Daran wollte sich die Polizei allerdings von Anfang an nicht halten“, sagte der PDS-Politiker Udo Wolf, neben Demba einer der Anmelder der Demo. Vier verschiedene Kontaktbeamte der Polizei hätte jeweils unterschiedliche Positionen vertreten. Wolf zufolge war der Einsatz allerdings nicht von diesen vier Beamten, sondern von Gernot Piestert von der Landesschutzpolizei angeordnet worden. Mit einer Klage wollen die Veranstalter auch den Schaden an der Anlage von 8.000 Mark ersetzt bekommen. Uwe Rada

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