piwik no script img

HEW sollen GALlig auflaufen

„Symbolischer Akt“: Hamburgs GAL will HEW-Vorstand nicht entlasten. Umweltsenator angetan, Bürgermeister wiegelt ab  ■ Von Heike Haarhoff

Die Hamburger Grünen haben die Nase voll von der Energiepolitik der Hamburgischen Electricitätswerke (HEW). Die Informationspolitik des Strom- und Atomkonzerns über die verstrahlten Atommüll-Transporte sei „ärgerlich“, kritisierte gestern der energiepolitische Sprecher der Bürgerschaftsfraktion, Lutz Jobs: „Die Öffentlichkeit erfährt nichts.“ Vom Ausstiegswillen aus der Atomenergie sei bei HEW-Chef Manfred Timm „nichts zu merken“. Die GAL-Fraktion sieht nur eine Konsequenz: Die Stadt Hamburg als HEW-Mehrheitsaktionärin soll den HEW-Vorstand auf der Hauptversammlung am kommenden Mittwoch nicht entlasten.

Denn: „Wir haben nicht den Eindruck, daß der Vorstand noch das Vertrauen der Aktionäre hat“, sagt der Abgeordnete Axel Bühler. „Davon“ wolle die GAL nun auch die Koalitionspartnerin SPD „überzeugen“. Die reagierte „überrascht“: Von einem solchen Begehr „weiß ich nichts“, wunderte sich die SPD-Abgeordnete Anke Hartnagel.

Umweltsenator Alexander Porschke (GAL), zugleich HEW-Aufsichtsratsmitglied, unterstützt dagegen seine grünen Parteifreunde: „Konsequenzen“ seien angesichts der „bruchstückhaften“ HEW-Informationen über verstrahlte Castoren „notwendig“. Dafür werde er sich „auch im Senat einsetzen“. Um welche Konsequenzen es sich handele, ließ er offen.

Bürgermeister Ortwin Runde (SPD), zugleich HEW-Aufsichtsratschef, drückte sich mit formaljuristischen Argumenten um eine politische Stellungnahme. „Die Nicht-Entlastung geht gar nicht“, ließ er über die Staatliche Pressestelle mitteilen. Dazu bedürfe es „eines Beschlusses der Hamburgischen Gesellschaft für Vermögensverwaltung“ (HGV), die Hamburg als Aktionärin vertritt. Doch die HGV tage vor der HEW-Hauptversammlung offiziell nicht mehr und könne dies auch „wegen der Ladungsfristen“ kurzfristig nicht mehr. Dennoch wolle auch Runde sich vom HEW-Vorstand informieren lassen und „auf dieser Grundlage eine Bewertung treffen“.

Das Urteil vorab fällen zu wollen, sei nichts anderes als „Affentheater“, stimmt der CDU-Umweltexperte Roland Salchow mit dem Bürgermeister überein. Die Energieversorgungsunternehmen hätten zwar „politisch-moralisch unverantwortlich“ gehandelt, indem sie das Wissen über verstrahlte Castoren jahrelang unter Verschluß hielten. Jetzt aber müßten sie Gelegenheit haben, sich zu äußern. Der Umweltausschuß der Bürgerschaft habe die HEW, die die Vorwürfe bislang bestreiten, dazu am Donnerstag eingeladen.

Selbst wenn die Nicht-Entlastung juristisch nicht durchsetzbar sei, „wäre ein solcher Senatsbeschluß ein symbolischer Akt“, halten Jobs und Bühler an ihrer Forderung fest. Um auch bundespolitisch Druck zu machen, fordert die GAL in einem Bürgerschaftsantrag – diesmal zusammen mit der SPD –, sämtliche Transportgenehmigungen von Atommüll zu widerrufen, den Castor-Skandal durch unabhängige Gutachter untersuchen zu lassen und bei den AKW-Betreibern zu überprüfen, ob sie die Entsorgung nachweisen können.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen