: Kammer ringt mit Alt-Schulden
■ Hälfte der Mitglieder nutzt Angebot der Angestelltenkammer
Auf den ersten Blick klingt die Nachricht gut: „Die Angestelltenkammer Bremen hat im vergangenen Jahr einen Überschuß von 1,63 Millionen Mark erwirtschaftet.“ Die Bilanz weist allerdings noch einen anderen Betrag aus: Die Angestelltenkammer Bremen, die sich aus den Zwangsbeiträgen der rund 160.000 Angestellten im Land Bremen finanziert, hat Schulden von rund 13 Millionen Mark.
Im Vorjahr waren es noch 14 Millionen Mark. Knapp eine Millionen Mark zahlt die Kammer im Jahr an Zinsen für Kredite. Das hat die Geschäftsführung der Kammer gestern bekanntgegeben.
Zwangsmitglied der Kammer ist jeder Angestellter und jede Angestellte im Land Bremen. Der Beitrag von 0,15 Prozent des Bruttogehaltes wird jeden Monat vom Gehalt abgezogen. Auf diese Weise hat die Kammer 1997 rund 13,6 Millionen Mark eingenommen. Das sind rund 170.000 Mark weniger als im Vorjahr. Darüber hinaus kassiert die Kammer knapp drei Millionen Mark an öffentlichen Zuschüssen. Das Minus auf dem Konto der Angestelltenkammer ist das Ergebnis einer jahrelangen Mißwirtschaft, die der Rechnungshof 1995 scharf kritisiert hat. Seitdem bemüht sich die Kammer um die Sanierung ihrer Finanzen. Am 30. Juni soll ein Kredit über 750.000 Mark abgelöst werden. Die allgemeinem Rücklagen sollen auf nunmehr 10,2 Millionen Mark aufgestockt werden. Für die Kammerwahl 1999 wird eine Rücklage von 200.000 Mark gebildet. 109 Mitarbeiter sind derzeit bei der Angestelltenkammer beschäftigt.
Die Kammer bietet derzeit in ihrem Bildungsprogramm 1.200 Kurse an. Dazu gehören Seminare wie „Erleuchtung am Wochenende“ (90 Mark für Mitglieder, 110 Mark für andere), „Das Leben ist lebensgefährlich“ (140 Mark für Mitglieder, andere 170 Mark) oder „Muß man ein Schwein sein in dieser Welt“ (60 Mark für Mitglieder) ebenso wie die Ausbildung zum Bilanzbuchhalter (2.790 Mark).
Außerdem können sich die Mitglieder in arbeits- und sozialrechtlichen Fragen kostenlos beraten lassen. Die Einkommensteuererklärung bei der Kammer kostet 20 Mark. Wartezeiten von mehreren Monaten sind keine Ausnahme. 39.000 Beratungen zählte die Kammer eigenen Angaben zufolge im Jahr 1997. „Wir sagen, die Hälfte der Mitglieder sehen wir einmal im Jahr“, so Präsidentin Imtrud Gläser. Auf den ersten Blick klingt die Nachricht gut. Sie verrät allerdings auch, daß die andere Hälfte der Angestellten in Bremen die Kammer offenbar nicht braucht. kes
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen