Hooligan aus dem Rotlichtmilieu

Der mutmaßliche Totschläger von Lens betrieb in Hannover einen Tattoo-Laden und Szenetreffpunkt. Seine Gang prügelt auch für Bordellbesitzer  ■ Aus Hannover Jürgen Voges

„Tattoo-Corner Hannover – Body Piercing“ steht über dem kleinen Laden in der hannoverschen Oststadt, dessen Inhaber nun wegen des Verdachts des versuchten Totschlags in Frankreich inhaftiert ist. Das Schaufenster des Geschäftes, in dem eine harte Szene auch die entsprechende Kleidung kaufen konnte, ist in der Nacht zum Dienstag von Unbekannten eingeworfen worden. Der 27jährige Markus W., der am Sonntag einem französischen Gendarmen den Kopf eingeschlagen haben soll, warb für sein Geschäft etwa mit dem Slogan „Pit Bull Streetwear available“ und hielt sich dazu den entsprechenden Hund, einen Pitbull-Terrier.

Bei der hannoverschen Staatsanwaltschaft ist die Szene, für die das kleine Geschäft auch eine Art Treffpunkt war, durchaus bekannt. Markus W. sei nicht nur ein militanter Hooligan, sondern auch Mitglied der Rockergruppe „Bones“ – zu deutsch: Knochen, sagt die hannoversche Staatsanwältin Angelika Gresel. Die Bones sind ihrer Auffassung nach in Hannover im Rotlichtmilieu beheimatet. Mitglieder der Gruppe sollen sich an gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Besitzern einschlägiger Etablissements beteiligt haben.

Wegen dieser Auseinandersetzungen wird gegen Markus W. allerdings nicht ermittelt. Er ist der Polizei zwar als gewaltbereiter Hooligan bekannt, verurteilt wurde er bisher allerdings nur zu einer geringen Geldstrafe wegen Urkundenfälschung. Gegenwärtig ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den 27jährigen wegen Körperverletzung, weil er als Türsteher einer hannoverschen Disko einen Gast geschlagen haben soll. Markus W. stammt aus einem Akademikerhaushalt und hat selbst Abitur.

Weder die Polizei noch das hannoversche Fußball-Fan-Projekt waren darüber informiert, daß 46 hannoversche Hooligans, unter ihnen Markus W., am frühen Sonntagmorgen mit einem Bus zum Länderspiel in Lens starteten. Den Bus hatte der Inhaber eines Bekleidungsgeschäftes gechartert, in dem auch Fan-Artikel für den Verein Hannover 96 zu kaufen sind. Wie bei einer solchen Fan-Reise üblich, wurde im Bus gesoffen, eine Scheibe des Fahrzeugs ging zu Bruch, das Inventar wurde ramponiert, die Hooligans skandierten auch rechte Parolen.